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Treptow-Köpenicks Vize-Amtsarzt Denis Hedeler.

© Thomas Loy

Ärger im Gesundheitsamt: Vize-Amtsarzt wirft AfD-Stadtrat von Treptow-Köpenick Diskriminierung vor

Der Vize-Amtsarzt von Treptow-Köpenick erhebt Diskriminierungsvorwürfe gegen seinen Dienstherrn. Inzwischen ist das Arbeitsklima in der Gesundheitsamtsleitung gestört.

Sein Anwalt hat ihm davon abgeraten, an die Öffentlichkeit zu gehen, aber Denis Hedeler, 51 Jahre alt, stellvertretender Amtsarzt von Treptow-Köpenick, will die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen.

Er fühlt sich gemobbt und diskriminiert, vor allem von seinem Dienstherrn, dem AfD-Stadtrat Bernd Geschanowski. Der habe ihm indirekt zu verstehen gegeben: Du passt nicht hierher.

Denis Hedeler hat 1997 Kuba verlassen, um in Deutschland ein freies Leben führen zu können, er hat eine dunkle Hautfarbe und ist mit einem Mann verheiratet. Sein Deutsch ist weich und wenig akzentuiert, manche Wörter sind schwer zu verstehen, man muss sich hineinhören. 2018 bewarb er sich als Hygienereferent im Gesundheitsamt von Treptow-Köpenick, damals war Geschanowski schon im Amt, eingestellt hat ihn aber der langjährige Amtsarzt Andreas von Welczeck, der vor Kurzem pensioniert wurde.

Von Welczeck machte Hedeler zu seinem Stellvertreter. Seine Referenzen in der Seuchenbekämpfung könnten kaum besser sein. Hedeler hat viele Jahre im Gesundheitsamt Bremen gearbeitet, dort zunächst Flüchtlinge betreut und sich nebenher bei Ärzte ohne Grenzen engagiert. 2014 half er mit, die Ebola-Epidemie in Sierra Leone einzudämmen. Anschließend wurde er im Bremer Rathaus geehrt und von der Sozialministerin Niedersachsens empfangen.

Mit Geschanowski habe er zunächst gar nichts zu tun gehabt, sagt Hedeler, erst mit Beginn der Pandemie sei er öfter ins Büro des Stadtrats zitiert worden. Geschanowski habe wissen wollen, warum er so und nicht anders entschieden habe, wenn es um Hygienekonzepte oder Schließungsverfügungen ging.

Müggelturm-Öffnung führte zum Streit

Zur Eskalation kam es im Mai, als aus dem Abgeordnetenhaus eine Anfrage bei Geschanowski landete, warum denn der Müggelturm schon am 2. Mai wieder öffnen durfte, während andere Aussichtstürme wie Siegessäule oder Grunewaldturm noch geschlossen blieben.

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Hedeler hatte sich das Hygienekonzept des Turmbetreibers angeschaut und genehmigt. Ein Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Gesundheit erklärte später gegenüber Geschanowski, nach Auffassung seiner Verwaltung hätte der Turm als „ähnliche Kultur- und Bildungseinrichtung“ erst am 4. Mai wieder öffnen dürfen.

Geschanowski warf Hedeler daraufhin eine „pflichtwidrige Entscheidung“ vor und forderte den Amtsarzt auf, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten. Der lehnte ab und stellte sich hinter seinen Mitarbeiter. In einem persönlichen Gespräch, so erinnert sich Hedeler, habe Geschanowski ihn aufgefordert, seine „Außendarstellung zu ändern“ und dabei auf seine Haut gezeigt. „Ich verließ das Büro sofort völlig verärgert und geschockt.“

Trotz des Zerwürfnisses bewarb sich Hedeler im Juni auf die Stelle des Amtsarztes, die der Bezirk ausgeschrieben hatte. Es gab noch einen zweiten Bewerber, der sich im Auswahlverfahren durchsetzte, seine Bewerbung aber anschließend zurückzog.

Die Bewerbung wurde abgelehnt - Amtsarzt-Stelle bis heute vakant

Normalerweise hätte Hedeler nun als zweitplatzierter Bewerber die Stelle bekommen müssen, aber er hatte nicht die nötige Punktzahl. Offenbar wollte sein Dienstherr lieber gar keinen Amtsarzt als Hedeler. Die Stelle ist bis heute vakant. Zur kommissarischen Amtsärztin wurde die Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugendgesundheit berufen.

[Der Autor dieses Textes, Thomas Loy, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Treptow-Köpenick, in dem heute auch dieser Artikel erscheint. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Geschanowski schweigt zu den Vorwürfen. Das Bezirksamt teilt mit, es besteht in dieser Personalangelegenheit kein Auskunftsanspruch.

Hedeler will gegen die Ablehnung seiner Bewerbung klagen. Er glaubt, dass er aus rassistischen Gründen benachteiligt wird. „Es geht mir um Gerechtigkeit.“ Er habe sich an die Gleichstellungsbeauftragte gewandt, an die Beschwerdestelle, mit dem Bürgermeister gesprochen, aber immer hieß es: Sie müssen die Diskriminierungsvorwürfe beweisen, mit schriftlichen Belegen. Das kann er nicht. Die Ablehnung versteckt sich seiner Ansicht nach zwischen den Zeilen, in Blicken und Gesten, in Verweisen auf die Rechtslage oder schroffen Terminsetzungen. Inzwischen ist das Arbeitsklima in der Leitungsebene des Gesundheitsamtes schwer gestört, und das mitten in der Pandemie.

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