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Der Richardkiez in Neukölln.

© Tsp

Ärger im Richardkiez in Berlin: Neukölln kämpft gegen die Drogen

Anwohner im Richardkiez fürchten um Sicherheit. Sie beschweren sich über Dealer und Spritzen im Hinterhof.

Neukölln, Richardkiez, Wipperstraße 21. Tamara Sasnowska und ihre Schwester stehen vor der Haustür. Eigentlich sieht alles ganz friedlich aus. Rechts und links wird saniert, ein Zimmer kostet hier rund 400 Euro, eine 2-Zimmerwohnung zwischen 600 und 1000 Euro. Angebote im Internet werben mit dem urbanen Flair, die Vermieter schwärmen von den Bars, Spätis und Imbissen. Der S-Bahnhof Neukölln ist direkt um die Ecke. Perfekte Lage für Studenten und junge Familien. Möchte man meinen.

Jeden Tag Angst

„Genau hier setzen die Junkies sich ihre Spritzen“, sagt die 19-jährige Tamara und deutet auf die Stufe vor der Tür. Das Problem mit den Drogen sei im letzten halben Jahr völlig eskaliert, erzählt sie. „Ich komme nach Hause und vor meiner Tür setzt sich jemand ‘nen Schuss und wenn ich den Müll rausbringe, hängen da Leute im Hinterhof rum.“ Nachts, sagt sie, traue sie sich inzwischen gar nicht mehr aus dem Haus. „Ich habe jeden Tag Angst. Das war früher nicht so.“

Jens Demmler, 40, hat beschlossen, das Problem nicht länger hinzunehmen. Mit seiner Firma verwaltet er gleich mehrere Häuser in der Wippertstraße. Er habe, erzählt er, schon seit Wochen versucht, die Behörden einzuschalten aber irgendwie sei nie etwas passiert. Deshalb hat er jetzt ein Treffen in der Magdalenenkirche organisiert, und brachte Mieter, Politiker und Medien am Dienstagabend zusammen. Nur so lasse sich etwas bewegen, ist er überzeugt. Aber nicht alle trauen Demmlers Engagement.

Auch Moritz Wittler, Sprecher der Linksfraktion in der BVV Neukölln, ist da. Die Linke hat ihre Geschäftsstelle in der Wipperstraße 6. Wittler meint, dass Demmler als Hausverwalter natürlich ein Interesse an einer Aufwertung des Viertels habe. „Klar, ich kenne auch Geschichten von Menschen, die von hier wegziehen“, sagt er. „Aber die, die ich kenne, ziehen weg, weil die Mieten steigen.“

Polizei kommt nicht mehr hinterher

Andere wiederum greifen die Polizei an. Es dauere schlicht zu lange, bis Einsatzkräfte vor Ort seien, wenn sie denn überhaupt kämen. Wieder andere greifen die Politik an. Die Drogensüchtigen würden immer nur von einem Brennpunkt an den nächsten abgeschoben. Und auch um die Not der Anwohner kümmere sich niemand, so der Vorwurf.

Bezirksstadtrat Falko Liecke (CDU) sagt: „Uns war bislang nicht bekannt, dass rund um die Wipperstraße ein neuer Konsumschwerpunkt entstanden ist.“ Das Publikum beginnt wütend zu murmeln. Es klingt fast bedrohlich – wie ein Wespennest, das plötzlich aufgewacht ist. Ein Mann springt auf: „Das ist doch eine Lüge“, brüllt er. Einige im Saal nicken. Ein anderer ruft: „Das ist schon seit 2013 so!”

Einem anderen Anwohner - 37 Jahre alt, Familienvater - sind solche Schuldzuweisungen egal. Er wohnt im Kiez und sagt: „Wenn ich abends mit meiner 2-jährigen Tochter auf dem Arm nach Hause komme, dann will ich nicht von irgendwelchen Junkies in meinem Treppenhaus bedroht werden.“ Eigentlich ganz einfach.

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