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Berlin: Ärzte mit Grenzen: Praxistest zeigt erschreckende Mängel Berufsvereinigung überprüft die Fähigkeiten der Berliner Mediziner – und verordnet harte Sanktionen zum Wohle der Patienten

Wer zu einem Arzt muss, der hofft, dass dieser sein Handwerk beherrscht. Doch nicht immer ist das der Fall.

Wer zu einem Arzt muss, der hofft, dass dieser sein Handwerk beherrscht. Doch nicht immer ist das der Fall. Die Kontrolleure der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin stießen nach Tagesspiegel-Informationen in diesem Jahr auf einige erschreckende Mängel. Manche Mediziner bestanden die Prüfungen ihrer Fähigkeiten nicht, obwohl sie schon seit Jahren praktizieren. Andere operierten ambulant in hygienisch bedenklicher Umgebung. Sie alle verloren die Genehmigung, diese Leistungen abzurechnen – allerdings nur für Kassenpatienten. Praktizieren dürfen diese Ärzte nach KV-Angaben weiterhin.

Die Prüfer der Kassenärztlichen Vereinigung hatten in diesem Jahr viel zu tun. So mussten sich zum Beispiel erstmals alle Berliner Ärzte, die Mammographien, also die Untersuchung der weiblichen Brust auf Krebs, durchführen, einer Prüfung stellen. Den Medizinern, die zum Teil schon seit Jahren diese Untersuchungen anbieten, wurden 200 Bruströntgenbilder von 50 Patientinnen zur Bewertung vorgelegt. Das Ergebnis: Von 124 Ärzten, die sich der Prüfung stellten, lagen elf mit ihrem Befund so falsch, dass sie diese Leistung künftig nicht mehr abrechnen dürfen.

Qualitätsmängel entdeckten die Kontrolleure auch unter den 1300 Ärzten, die in Berlin ambulant operieren dürfen. Jedes Quartal würden rund 40 von ihnen überprüft, sagt die KV-Sprecherin Annette Kurth. Auffälligstes Negativbeispiel des laufenden Jahres ist eine ambulant operierende Hals-Nasen-Ohren-Ärztin. Bei ihrem überraschenden Besuch registrierten die Prüfer grundlegende Hygienemängel. So fehlten ein Waschbecken für die Handdesinfektion ebenso wie ausreichende Apparaturen zur Sterilisation von Operationsgeräten. Die Notstromversorgung für den OP-Raum war unzureichend, die Wand nicht abwaschbar und der Fußboden nicht scheuerfest. Auf ähnliche Mängel stießen die Prüfer auch bei einem Hautarzt und einem plastischen Chirurgen. Alle drei verloren ihre Abrechnungsgenehmigung.

Die KV bittet pro Quartal auch 60 Mediziner, die mit einem Ultraschallgerät arbeiten, zur Überprüfung. Einer von ihnen darf das seit kurzem nicht mehr abrechnen, weil er die ihm vorgelegten Ultraschallaufnahmen auch nach drei Versuchen nicht fehlerfrei deuten konnte. Und bei einem Internisten stellte sich heraus, dass er zwar die Genehmigung für die Untersuchungen besaß, diese aber seinen Assistenten überlassen hatte. Vielleicht war das besser so für die Patienten. Denn als man daraufhin seine Qualifikation erneut prüfte, fiel der Arzt durch.

Ein Drittel der Leistungen, die niedergelassene Mediziner erbringen, sei qualitätsgeprüft, sagt KV-Chef Manfred Richter-Reichhelm. Bald werde die Berliner KV einmal jährlich einen Qualitätsbericht mit den Prüfergebnissen vorlegen. Bisher gibt es nur einen solchen Bericht – aus dem Jahre 2001. Schrittweise wolle man einen immer größeren Teil der rund 6200 niedergelassenen Ärzte in Berlin überprüfen, sagt KV-Sprecherin Kurth.

„Die KV ist auf dem richtigen Weg“, sagt Andreas Kniesche, Sprecher der Berliner Ersatzkassen. „Aber sie tut noch zu wenig.“ Und wenn die Prüfer auf eklatante Mängel stießen – und dazu gehörten auch die genannten Beispiele – dann müsse man den Ärzten diese Behandlung komplett untersagen und nicht nur deren Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen.

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