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Ärzteprotest: "Dies war erst der Anfang"

In einer der größten Ärztedemonstrationen sind in Berlin über 20.000 Mediziner auf die Straße gegangen. Die Ärzte protestierten für bessere Arbeitsbedingungen und Bürokratieabbau.

Berlin - «Dies war erst der Anfang», sagte Bundesärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe zum Auftakt des Protestzugs zum Bundesgesundheitsministerium. «Wir wollen nicht länger auf dem Rücken unserer Patienten staatliche Rationierung durchführen müssen.»

Die Demonstration war der Höhepunkt einer Protestwelle, die seit Beginn der Woche durch Deutschland rollt. Bis zum Nachmittag war bei Polizei und Ärzten von bundesweit über 25.000 Demonstranten die Rede.

Zu viel Bürokratie, schwierige Arbeitsbedingungen, unbezahlte Mehrarbeit und allgemein eine zu geringe Vergütung sind die Kritikpunkte der Ärzte. Auch die Regelung, dass Kassenärzte beim Überschreiten ihres Budgets aus eigener Tasche zuzahlen sollen, stößt auf ihren Widerstand. «Der Kuchen ist zu klein. Darum verhungern immer mehr Praxen», sagte Hans-Peter Meuser (Freie Ärzteschaft). Vor allem in Ostdeutschland sei die Lage katastrophal. «Die Wohnort-nahe Versorgung steht in kurzer Zeit nicht mehr zur Verfügung», betonte sein Verbandskollege Martin Grauduszus.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bekundete Verständnis für die Sorgen, warf den Ärzte-Funktionaren aber «manche verbale Übertreibung» vor. Die Verantwortliche für zu viel Bürokratie und eine teilweise ungerechte Honorar-Verteilung sei primär die Ärzte-Selbstverwaltung.

In Berlin blieb etwa die Hälfte der gut 6000 Arztpraxen am Mittwochmorgen geschlossen. Zu Versorgungsengpässen kam es dabei jedoch nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung nicht. In den Erste-Hilfe-Stellen der Krankenhäuser und der KV war wenig Betrieb. Viele Ärzte warben mit Schildern am Praxiseingang für Verständnis für den Protesttag. «Die meisten Berliner hatten sich wohl auf den Streik eingestellt», sagte KV-Sprecherin Annette Kurth. Der Hausärztliche Bereitschaftsdienst fuhr am Vormittag 100 statt der sonst üblichen 70 Einsätze.

Weiße Kittel, Mundschutz und Transparente mit Sätzen wie «Alle Spritzen stehen still, wenn unser starker Arm das will» dominierten das Bild des Protestzuges, der mit Trillerpfeifen und Tröten zum Ministerium zog, wo eine Resolution überreicht wurde. Zum Abschluss der Aktion sollten 1000 Luftballons in die Luft steigen. Einige Demonstranten hatten sich ihre Kittel von oben bis unten mit Dokumentations-Zetteln beklebt, um den wachsenden Bürokratie-Aufwand zu veranschaulichen.

«Am meisten ärgert mich das tiefe Misstrauen gegenüber allen Ärzten», sagte die Vorsitzende des Deutschen Ärztinnen-Bundes, Friederike Perl. Sie müsse 30 Prozent ihrer Arbeitszeit für Schreibarbeiten aufwenden: «Das ist Zeit, die mir für meine Patienten fehlt.» Bei vielen der Demonstranten waren Enttäuschung und Frust zu spüren. Ihr Berufsstand werde zunehmend kriminalisiert und in den Dreck gezogen, beklagten sie. (tso/dpa)

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