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Uwe Kraffel, Augenarzt und Spitzenfunktionär, muss sich rechtfertigen.

© Davids

Ärzteschaft: Mediziner-Chef: 183.000-Euro-Prämien stehen uns zu

Erstmals äußert sich ein Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung zu den umstrittenen Extra-Zahlungen. Eine freiwillige Rückzahlung ist nicht in Sicht - Senat und KV-Funktionären droht ein Rechtsstreit.

Lange haben die drei Funktionäre geschwiegen. Fast sah es so aus, als wollte der Berliner Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Vorwürfe aussitzen. Jetzt hat sich Uwe Kraffel, der Vize-Vorstandschef, gegenüber dem Tagesspiegel erstmals zum Streit um die hohen Extrazahlungen geäußert. Wie berichtet, hatten Kraffel sowie seine Kollegen Burkhard Bratzke und Angelika Prehn vor einem Jahr jeweils 183.000 Euro bekommen. Ärzte und Politiker reagierten empört, denn das Geld soll gezahlt werden, damit Funktionäre wieder eine eigene Praxis betreiben können, wenn sie aus dem Amt scheiden. Die drei wurden jedoch wiedergewählt – das Geld behielten sie.

„Ich gehe davon aus, dass wir rechtlich auf der richtigen Seite stehen und der Senat das bestätigen wird“, sagte Kraffel. Seit Wochen prüft der Senat den Fall, denn die KV ist eine Zwangskammer öffentlichen Rechts. Vor Jahren hatte das zuständige Ärztegremium beschlossen, dem Vorstand eine Übergangsprämie von einem Jahresgehalt pro Amtsperidoe zu zahlen. Dies hatten sich Kraffel und seine Vorstandskollegen zum Amtsantritt in ihre Arbeitsverträge schreiben lassen. In der ab 2005 laufenden Amtszeit der drei beschloss der frühere rot-rote Senat jedoch, dass am Ende sechs Monatsgehälter als Übergangsgeld ausreichen müssten. Einige Juristen erklärten dem Tagesspiegel, dass dies den Verträgen der Funktionäre widersprechen könnte – die KV-Spitze also möglicherweise ein Recht auf das Geld als Teil des vereinbarten Einkommens habe. Demnach durfte das Extra-Jahressalär selbst dann gezahlt werden, wenn ein Vorstandsmitglied eine weitere Periode im Amt bleibt; es brauche nach so langer Praxisferne schließlich noch mehr Starthilfe.

Und so gingen an die drei je 183.000 Euro, nachdem sie im Januar 2011 für weitere sechs Jahre gewählt worden waren. Später im Mai 2011 segnete die zuständige 40-köpfige KV-Vertretersammlung dies ab, wenn auch nicht einstimmig. Ob dies nachträglich erfolgen durfte, ist umstritten. „Wenn es Fehler gegeben hat, dann wurden diese durch die Vertreterversammlung beschlossen“, sagte Kraffel. Nach der derzeit laufenden Amtszeit wolle man sich ohnehin nur noch das niedrigere Entgelt auszahlen lassen, das der Senat 2005 festgelegt hatte. Ob man sich als Medizinerfunktionär mit mehr als 15.000 Euro brutto im Monat nicht auch ganz ohne Prämie zufrieden geben könnte? Kraffel antwortet leise aber bestimmt: „Moralisch mache ich mir keinen Vorwurf, ein Senator verzichtet auch nicht auf einen Teil seines Gehaltes, nur weil er ohnehin nicht ganz schlecht verdient.“ Er könne doch nicht aufhören, seine Mitarbeiter zu bezahlen, sagte Kraffel, wenn er bei der KV ausscheide. Kraffel hat eine Augenarztpraxis in Charlottenburg und beschäftigt dort einen Facharzt und zwei Helferinnen.

Eine Sprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) erklärte, man fordere weiter eine Rückzahlung des Geldes an die KV. Eine solche „freiwillige Rückzahlung“ habe man nicht diskutiert, sagte Kraffel. „Sollte der Senat erklären, wir haben das Geld zu Unrecht bekommen, glaube ich, dass dagegen juristische Schritte erfolgversprechend sein könnten.“ Auf einen Prozess dürfte der Senat vorbereitet sein. In Justizkreisen wird gemunkelt, dass schon in den kommenden Tagen der Bescheid ergehen werde, wonach die Vorstände die Summe zurückzuzahlen haben.

Unter Medizinern hatte es geheißen, es liege mindestens moralisches Versagen vor. Immer wieder hatte es Kritik an einem etwaigen „Funktionärsklüngel“ bei der KV gegeben. Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte in der Vergangenheit die Gelder als skandalös kritisiert, die bei den Kassenärztlichen Vereinigungen gezahlt würden. Kraffel gibt zu, dass das Bild der Ärzteschaft nun Schaden genommen hat: „Vielleicht hätten wir früher Position beziehen müssen und erklären sollen, weshalb diese Summen ausgezahlt werden.“

Unabhängig vom Senat, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der Untreue. Von dort heißt es: „Wir bleiben an dem Fall dran.“

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