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Immer wieder muss sich Innensenator Frank Henkel im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses den Fragen zu dem Nazi-Spitzel stellen.

© dpa

Affäre um V-Mann: Weiter Streit um Nazi-Spitzel in Berlin

Um den Nazi-Spitzel des Landeskriminalamtes gibt es weiter Streit. Während Innensenator Frank Henkel keine V-Mann-Affäre sieht, klagt die Opposition über mangelnde Transparenz und Ermittlungsbereitschaft bei der Polizei.

Den für ihn entscheidenden Satz sagte Innensenator Frank Henkel (CDU) als Erstes: „Es gibt keine neue V-Mann-Affäre in Berlin.“ Der im Januar enttarnte Spitzel des Landeskriminalamtes habe mit Sicherheit keinerlei NSU-Bezug, versicherte Henkel. Das alles wiederum sahen die drei Oppositionsparteien Grüne, Linke und Piraten auch nach einer mehr als dreistündigen Debatte zum Thema „VP 562“ ganz anders.

Bekanntlich hatte sich der Rechtsextremist Nick Greger im Dezember selbst als V-Mann offenbart, Ende Januar machte das die Thüringer Linkspartei öffentlich. Greger war im Jahr 2000 in Berlin verurteilt worden war, weil er zusammen mit dem aus dem NSU-Untersuchungsausschuss bekannten Brandenburger V-Mann Carsten S., alias „Piatto“, einen Sprengstoffanschlag auf Fahrzeuge des politischen Gegners vorbereitet hatte.

2003, bereits abgeschaltet, flüchtete Greger für einige Jahre nach Südafrika. Für das Berliner LKA arbeitete Greger nur von 2001 bis 2003. „Damals war vom NSU noch keine Rede“, sagte Henkel am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Und führte weiter aus: „Nicht jeder Rechtsextremist hat einen NSU-Bezug.“ 

Und obwohl Henkel und Polizeipräsident Klaus Kandt anschließend die meisten der insgesamt 120 schriftlich von Grünen und Linksparteien zuvor eingereichten Fragen einzeln nacheinander beantworteten, war die Opposition unzufrieden. So beklagte sich der grüne Innenexperte Benedikt Lux über mangelnde Transparenz. Udo Wolf von der Linkspartei warf Henkel vor, die Kriterien selbst festzulegen, welcher Rechtsextremist und welcher V-Mann einen „NSU-Bezug“ habe. Dann wurde Wolf grundsätzlich: „Wir hatten so viele V-Leute im rechten Milieu und dennoch ist es uns nicht gelungen, die NSU-Morde zu verhindern.“  Clara Herrmann von den Grünen kommentierte die vom Senator veröffentlichten Informationen so: „Jede Behörde denkt weiterhin nur stupide in ihrem System“, deshalb werde sich trotz der Erkenntnis zu der NSU-Mordserie nichts ändern im Lande. Auf diesen Vorwurf antwortete Henkel nicht.

Der Graben zwischen Henkel und Opposition ist tief: Henkel sagt, es habe in Berlin keine NSU-Tat gegeben, deshalb seien Berliner Behörden nicht zuständig. Greger habe sich auf keiner Liste von direkten Kontaktpersonen oder Unterstützern des NSU gefunden  – und Punkt. Für Grüne und Linkspartei hat Greger dagegen sehr wohl eine Verbindung zum NSU-Terrortrio, schließlich habe sich der ehemalige V-Mann lange in Südafrika aufgehalten, wie Teile des NSU-Umfeldes auch. Die Opposition warf der Polizei mangelnde Ermittlungsbereitschaft vor, da LKA-Beamte im vergangenen Jahr Greger bei einem Gespräch nicht auch auf sein Wissen zum NSU befragten. Polizeipräsident Kandt sagte: „Ihn hinterher zu befragen, das verbietet sich geradezu“ – und löste mit diesem Satz heftige Proteste bei Grünen, Linkspartei und Piraten aus. Ein Abgeordneter rief: „So konnte der NSU groß werden.“

Einige der 120 Fragen wurden den Abgeordneten unter Ausschluss der Öffentlichkeit beantwortet. Darunter war immerhin eine Neuigkeit, nämlich dass Greger 2009 wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden ist.

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