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Berlin: Aids: Jugendliche haben weniger Angst

Junge Berliner sind seltener bereit, sich mit einem Kondom vor Geschlechtskrankheiten und HIV-Infektionen zu schützen. "In letzter Zeit wenden sich immer häufiger beunruhigte Jugendliche und junge Erwachsene an uns", sagt Kai-Uwe Merkenich, Geschäftsführer des Vereins Berliner Aids-Hilfe.

Junge Berliner sind seltener bereit, sich mit einem Kondom vor Geschlechtskrankheiten und HIV-Infektionen zu schützen. "In letzter Zeit wenden sich immer häufiger beunruhigte Jugendliche und junge Erwachsene an uns", sagt Kai-Uwe Merkenich, Geschäftsführer des Vereins Berliner Aids-Hilfe. "Bei uns ist die Zahl der Hilfe suchenden jungen Menschen seit einem Jahr gestiegen", berichtet auch Keikawus Arastéh, Leiter der Infektiologie im Auguste-Viktoria-Krankenhaus und Vizepräsident des morgen beginnenden "8. Deutschen Aids-Kongresses". Um junge Menschen wieder für die Gefahren von ungeschütztem Sex zu sensibilisieren, wurde jetzt auch in Berlin eine bundesweite Plakatkampagne gestartet.

"HIV" - "Habt Ihr Vergessen?" ist nun vielerorts zu lesen. Auch Halit, 18 Jahre, aus Charlottenburg, schaltet gern ab. "Wenn ich eine neue Freundin habe, nehmen wir schon meistens ein Kondom. Aber wenn man sich länger kennt, ist das Vertrauen da." Und damit der Irrglaube, sich nicht anstecken zu können. Warum geht ihr nicht gemeinsam zum Aids-Test? "Wie sieht denn das aus, was soll denn das Mädchen dann von mir denken?"

Unsicher, aber auch unbekümmert - so verhalten sich viele Jugendliche, wenn sie ihre Sexualität entdecken. Die Schreckensbilder von Aids-Patienten sind verblasst, viele Jugendliche glauben irrtümlich, Aids sei längst heilbar. Einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge geht die Zahl der Jugendlichen, die Kondome benutzen, leicht zurück. 1998 gaben noch 67 Prozent der Befragten an, immer oder häufig einen "Gummi" zu nehmen, 1999 waren es noch 64 Prozent. Bei den Erwachsenen sank die Zahl sogar von 49 auf 36 Prozent, die bei "spontanem Sex mit Unbekannten" den sensibilitäts-beeinträchtigenden Schutz überstreifen. Bundesweit suchen seit einiger Zeit vermehrt Jugendliche und junge Erwachsene, die sich infiziert haben, um Rat, teilten die Veranstalter des Aids-Kongresses mit.

Mit Statistiken lassen sich diese Angaben für Berlin noch nicht untermauern, "doch sind Beratungsstellen eine Art Frühwarnsystem", sagte Aid-Hilfe-Geschäftsführer Merkenich. Nach Auskunft des Robert-Koch-Instituts (RKI) stagniert die Zahl der Neuinfektionen seit zehn Jahren: Jedes Jahr stecken sich 350 bis 400 Menschen mit dem HIV-Virus an. Am Aids erkranken jährlich rund 100 Berliner. Insgesamt sind 10 000 bis 12 500 Berliner HIV-infiziert. Dass sich weniger Leute mit Kondomen schützen, davon zeugen auch die im Jahr 2000 wieder zunehmenden Fälle von Syphilis und Tripper hin.

Von HIV und Aids am stärksten betroffen sind nach wie vor schwule Männer, sie machen rund 70 Prozent der HIV-Kranken aus. Danach folgen Heterosexuelle (13 Prozent), Drogenabhängige (10 Prozent), Zugereiste aus Afrika und Asien (7 Prozent) und von der Mutter infizierte Kinder (1 Prozent). Insgesamt sind ein Drittel aller Infizierten unter 30 Jahre alt, darunter 5 bis 10 Prozent unter 23 Jahre. Damit der Anteil der Jugendlichen nicht wie in den USA zunimmt, solle der Senat wieder mehr Stellen für Streetwork und Prävention finanzieren, fordert Merkenich.

Die 18-jährigen Sabine aus Spandau ist sich der Gefahr bereits bewusst: "Bis zu einem Aids-Test verlangen auch viele Klassenkameradinnen vom Freund, ein Kondom zu benutzen. Die sind positiv überrascht - und ziehen mit."

Annette Kögel

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