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15.000 Menschen waren am Airport Night Run beteiligt.

© dpa

Airport Night Run: Halbmarathon auf dem BER-Gelände

Am BER geht doch noch was: 15.000 Läufer trafen sich auf dem künftigen Flughafengelände – und freuen sich schon auf 2018.

Kurz vor acht wird es plötzlich laut auf der zweiten Startbahn. Anrollen, beschleunigen, das Triebwerk röhrt, und die trabende Prozession auf der anderen Bahn schaut durchaus interessiert hinüber. Bis dann einer ruft: „Kannste Jas jeben, wie de willst, wird nischt mit Abheben“, der Rest geht unter im allgemeinen Gelächter. Was soll man auch sagen zu einem schwarzen SUV, der mal vor Publikum ein bisschen Flugzeug spielen will. Ist ja sonst kaum jemand zugegen in Schönefeld-Neu, diesem Monstrum aus Glas, Stahl und Asphalt, das irgendwann mal ein Flughafen sein will.

Wer da wohl hinterm Steuer sitzt? Vielleicht Michael Müller, der inkognito mal sehen will, wie sich sein Flughafen so macht im XXS-Crashtest, einer Bonsai-Belastungsprobe für den Teil der Infrastruktur, der immerhin funktioniert. Am Samstagabend darf der BER mal ein bisschen Flughafen spielen. Um die 15 000 Menschen nehmen für ein paar Stunden Besitz von den Zufahrtsstraßen und Parkhäusern und Startbahnen, sie spazieren unter den Fluggastbrücken hindurch, linsen hinüber zu der auf großen Schildern angepriesenen „Airport City“ und testen die Startbahnen. Passt alles. Nur Flugzeuge sind noch nicht zugegen.

Ganz schön platt. Keine Steigungen, kein Gefälle – so liebt das Läufervolk seine Strecken. Der BER ist aus ihrer Sicht ideal und könnte noch lange geschlossen bleiben.
Ganz schön platt. Keine Steigungen, kein Gefälle – so liebt das Läufervolk seine Strecken. Der BER ist aus ihrer Sicht ideal und könnte noch lange geschlossen bleiben.

© dpa

Einmal im Jahr erwacht die ewige Baustelle südlich von Berlin zum Leben – wenn der Airport Night Run gegeben wird, ein Halbmarathon, der sich im Kalender der Laufszene besser etabliert hat, als es der dem Easyjetset verfallenen Politprominenz recht sein kann. Im April 2012 warb die Flughafengesellschaft mit mannsgroßen Plakaten, dass hier in fünf Wochen „Flugzeuge starten und landen“, was bekanntlich nicht ganz geklappt hat. Seitdem freut sich die Läuferszene Jahr für Jahr auf das Happening in Schönefeld, und wenig spricht dagegen, dass es auch im kommenden Jahr wieder so weit sein wird.

6000 Teilnehmer haben sich für allerlei Wettbewerbe gemeldet, und weil jeder von ihnen noch ein paar Freunde, Mama, Papa und jubelnde Kleinkinder mitgebracht hat, dürfte die Zahl von 15 000 BER-Besuchern ziemlich realistisch sein. Die Anfahrt klappt perfekt. Es gab da in den vergangenen Jahren schon ein paar Probleme, weil sich auf dem Flughafengelände dreispurige Straßen zu einspurigen verjüngten, offiziell wegen Bauarbeiten, obwohl doch die Straßen im Alltag eher bescheiden genutzt wurden. Noch im vergangenen Jahr wurde nur eines der reichlich vorhandenen Parkhäuser geöffnet, was zu dramatischen Indoor-Rallyes samt Beleidigungen und handgreiflichen Auseinandersetzungen führte.

Fast alles läuft glatt

Das hat immerhin den Adrenalinspiegel gesteigert, dieser Wettbewerbsvorteil fällt 2017 aus. Diesmal funktioniert mit zwei Parkhäusern und null Baustellen alles perfekt. Also: fast perfekt. Berlin bleibt eben Berlin, auch wenn es nach Brandenburg reist. Weil viele Läufer erst in allerletzter Minute nach Schönefeld kommen und selbstverständlich nicht verprellt werden dürfen, wird der Start um zehn Minuten verschoben, was in der kühlen Abendluft nicht ganz unproblematisch ist für alle, die pünktlich sind.

Ach ja, das Wetter. Oben braut sich was zusammen, dunkle Wolken schieben sich über den blauen Himmel. Es bleibt aber trocken, worüber sich auch die lieben Helfer an der Strecke freuen. Den Weg weisen die Positionslichter im Asphalt, sie sind selbstverständlich eingeschaltet – wenn schon Probebetrieb, dann so, als wäre das wirklich ein Flughafen.

Nur Fliegen ist schöner. Dem neuen Terminal kommen die Läufer beim Airport Night Run sehr nahe. Sollten sie jemals vom BER starten, kennen sie die Örtlichkeiten dort schon recht gut.
Nur Fliegen ist schöner. Dem neuen Terminal kommen die Läufer beim Airport Night Run sehr nahe. Sollten sie jemals vom BER starten, kennen sie die Örtlichkeiten dort schon recht gut.

© Paul Zinken/dpa

Es gibt auch eine Gruppe von Trommlern, die drei Stunden lang auf ihre Instrumente einprügeln, aber irgendwie muss man sich ja warm halten. Dunkelheit fällt über Schönefeld, der schwarze SUV rast über die Startbahn, die trabende Prozession lacht und keiner weiß, wo Michael Müller ist. Weiter, immer weiter. Unter den Piers am Terminal singt Peter Maffay via Lautsprecher „Über sieben Brücken musst du gehn“. Das ist natürlich ein ziemlicher Blödsinn, denn es handelt sich um 16 Fluggastbrücken, und alle laufen unter ihnen durch und niemand darüber. Wer über die linke Schulter schaut, ist ein bisschen verwirrt, denn es starten und landen tatsächlich Flugzeuge, von Easyjet, Ryanair und so weiter. Auf der Südstartbahn von Schönefeld-Alt, die irgendwann mal dem BER dienen soll.

Noch 1000 Meter bis zum Ziel. Die Füße schmerzen, aber es das ist nichts im Vergleich zum Hochgefühl, dem Vielleicht-Eventuell-Könnte-sein-Flughafen mal einen Sinn zu geben. Einmal im Jahr. Auch für 2018 ist der Airport Night Run im Kalender der Läufer fester eingeplant als in dem der Fluggesellschaften. Macht Spaß, in Schönefeld zu laufen. Weil der Asphalt so schön weich ist und es keine Steigungen gibt, beides hat sehr vorteilhafte Auswirkungen auf die Laufzeit. Wäre vielleicht eine hübsche Marketing-Idee für den BER: Der schnellste Flughafen der Welt! Schneller als Chicago, Peking, Tokio! Und wen würde es da noch interessieren, dass keine Flugzeuge fliegen?

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