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Berlin: Aktenzeichen 4A1001.04 ungelöst

Morgen verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über den Großflughafen. Bereits jetzt sind Millionen für den Ausbau ausgegeben

Noch ist kein Stein verbaut – aber ein dreistelliger Millionenbetrag ist bereits ausgegeben. Ob das Geld sinnvoll investiert oder in den märkischen Sand gesetzt worden ist, entscheiden jetzt sechs Richter des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig – eine Frau und fünf Männer. Morgen beginnt die mündliche Anhörung unter dem Vorsitz von Stefan Paetow – zehn Jahre nach der Entscheidung von drei Politikern, den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld bauen zu wollen.

Allein in die Planung des Zwei-Milliarden-Euro-Projekts hat die Flughafengesellschaft nach eigenen Angaben bisher über 100 Millionen Euro investiert. Mehr als 80 Millionen Euro hat die Gesellschaft ausgegeben, um die Bewohner des Dörfchens Diepensee umzusiedeln. Bis auf ein Haus, dessen Bewohner ausharrt, sind die Gebäude bereits platt gemacht. Weitere Millionenbeträge hat die Flughafengesellschaft in die Sanierung der dioxinverseuchten Kläranlage Diepensee, des Selchower Flutgrabens und des Rotberger Beckens gesteckt, wo die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind.

Die Kosten hätten eigentlich die Gemeinden übernehmen müssen, doch die Flughafengesellschaft sprang hier in die Bresche, um keine weitere Zeit zu verlieren und mit dem Flughafenausbau sofort beginnen zu können, falls die Richter den Ausbau genehmigen. Deshalb ist auch bereits die Versickerungsanlage für das Grundwasser gebaut worden, das an der Baustelle entnommen werden muss. Auch die Kosten der derzeit laufenden archäologischen Untersuchungen hat die Flughafengesellschaft übernommen.

Verloren ist das Geld aus einem missglückten Grundstücksverkauf sowie der gescheiterten Privatisierung der Flughafengesellschaft. Mehr als 500 Millionen Euro sind dafür ausgegeben worden.

Seit der Entscheidung für den Standort Schönefeld im Mai 1996 durch den damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), den brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) und den Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) haben die Planer im bisher wohl aufwändigsten Verfahren die Unterlagen für den BBI-Bau erarbeitet. 1200 Seiten mit 532 Plänen umfasst der Genehmigungsbeschluss vom 13. August 2004.

Nicht minder aufwändig haben die Ausbaugegner agiert, die sich zum größten Teil im Bürgerverein Brandenburg-Berlin zusammengeschlossen haben. Durch das gemeinsame Handeln lassen sich auch die Prozesskosten für die einzelnen Kläger überschaubar halten. Über 260 000 Einwendungen gab es in der Planungsphase. Die Klage von etwa 4000 Menschen sowie von Gemeinden gegen den Genehmigungsbeschluss ist auf 400 000 Seiten in mehr als 800 Ordnern festgehalten.

Nach dem Verkehrswegebeschleunigungsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz über die Klagen mit dem Aktenzeichen BVerwG 4A1001.04 und weitere. In den vergangenen Monaten haben die Richter die Unterlagen „intensiv zur Kenntnis“ genommen, wie der Vorsitzende Stefan Paetow den Anwälten mitteilte. Für die mündliche Anhörung hat das Gericht deshalb zunächst nur sechs Verhandlungstage angesetzt. „Gegenstand des Rechtsgesprächs sollen nur die Gesichtspunkte sein, die dem Senat besonders wichtig und erörterungsbedürftig erscheinen“, so Paetow. Dazu gehört vor allem auch der Nachtflugbetrieb.

Wie die Richter entscheiden werden, ist völlig offen. Noch hat das höchste Verwaltungsgericht kein Projekt dieser Größe vollständig gekippt, sondern die Pläne – zum Teil mit strengen Auflagen – für rechtens erklärt. „Doch einmal ist immer das erste Mal“, heißt es beim Gericht.

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