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Berlin: Aktfotos von Jan Savua: Wo die Sonne auf dem Meer tanzt, ist der Körper nur noch Illusion

Aktfotografie ist ein Spiel von Zeigen und Schauen. Posen werden durchprobiert, und die Bühne, auf der dies geschieht, ist denkbar klein.

Aktfotografie ist ein Spiel von Zeigen und Schauen. Posen werden durchprobiert, und die Bühne, auf der dies geschieht, ist denkbar klein. Es gibt nichts weiter als ein Modell, einen Fotografen und dazwischen die Kamera. Vielleicht weiß der Fotograf vorher schon genau, welche Bilder er machen möchte, und das Modell folgt seinen Anweisungen. Vielleicht bewegt sich das Modell aber auch im eigenen Rhythmus, und der Fotograf schaut bloß zu und drückt im richtigen Moment auf den Auslöser. Es ist ein höchst intimer Moment, in dem ein Aktfoto entsteht, und deshalb kommt sich der Betrachter dieses Fotos wie ein Voyeur vor: Nicht weil er einen nackten Körper sieht, sondern weil er in eine Zweisamkeit eindringt. "Schöne Dinge mit schönen Frauen tun", was Francois Truffaut über das Filmemachen gesagt hat, könnte auch für das Werk von Jan Savua gelten. Der aus Ungarn stammende Fotograf, der heute abwechselnd in Washington und Schwaben lebt, ist ein Ästhet. Seine Akte sind von makelloser Eleganz und scheinen von einer stillschweigenden Übereinkunft zu sprechen: dass es Modell und Fotograf auch darum ging, Spaß bei der Arbeit zu haben.

Savuas Bilder, die in der Galerie imago gezeigt werden, sind an der amerikanischen Ostküste, auf den Pazifischen Inseln und in der Karibik entstanden. Sie tragen die Namen der Modells und heißen "Salako", "Tayama", "Anathea" oder "Cariba". Die Namen sind natürlich Pseudonyme, klangvolle Wortschöpfungen, die Fernweh-Fantasien mobilisieren und an Südsee-Paradiese von Gauguinscher Weltabgewandtheit denken lassen. Zu sehen sind die Modells am und im Wasser, die Meeresbrandung, der Strand, manchmal ein Fetzen Himmel mit ein paar Wolken. Inszenierte Haltungen, Körpertheater: Cariba streckt Kopf, Po und Brüste aus dem Wasser und reckt die gespreizten Arme empor, als würde sie im nächsten Augenblick losfliegen. Salako paddelt selbstvergessen durchs Bild, ihre nassen Haare sind ein langer schwarzer Strich, und ihr Körper - optisch gebrochen durch die Wasseroberfläche - wirkt wie auf Kindergröße geschrumpft. Tayama scheint sich selber Huckepack zu nehmen, Arme, Bauch und Beine werden vom spiegelnden Glanz des Wassers verdoppelt, nur der Kopf fehlt. Es ist dieser souveräne Umgang mit den Eigenschaften des Elements Wasser, das raffinierte Spiel mit Krümmungen, Unschärfen, Reflektionen, die den Reiz von Savuas Schwarzweiß-Fotografien ausmachen. Bei einigen Aufnahmen hat er eine Infrarotkamera benutzt, um die Spiegeleffekte zu verstärken. Das Modell verschwindet hinter einem Lichternetz, das die Sonne auf das Wasser wirft, löst sich auf in einem Geflirre aus weißen, schwarzen, grauen Streifen. Der Körper: eine Illusion.

Vom Verschwinden der Körper ist es nur ein kleiner Schritt zur Abstraktion der Formen. In einer Serie von kleinformatigen Bildern setzt sich Savua mit ostasiatischer Kalligrafie auseinander, wieder ist das Ergebnis frappierend. Er fotografiert Strandgut, Bäume, Blumen unter extremen Lichtbedingungen und in starker Nahsicht, verwandelt Negativ in Positiv und vergrößert es auf Japanpapier. Fotos, die nicht mehr wie Fotos aussehen: Formgeflechte, Strich-Skizzen, Flächen in Schwarz und Weiß. Nur gelegentlich sind Details zu erkennen, ein Blatt oder die Silhouette eines Baumes. Savuas Fotografie: Meditationen über die Schönheit.

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