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Berlin: Aktionswoche der Berliner Mediziner: Ärzte: Wir sind Therapeuten, keine Sparkommissare

Fast alle 6300 niedergelassenen Kassenärzte haben sich an der Aktionswoche der Berliner Mediziner beteiligt: Allgemeinmediziner arbeiteten mit verkürzten Öffnungszeiten, 3600 Fachärzte hielten ihre Praxen geschlossen. "Der Notdienst war perfekt organisiert", sagte gestern Anton Rouwen vom Aktionsrat Berliner Kassenärzte.

Von Sabine Beikler

Fast alle 6300 niedergelassenen Kassenärzte haben sich an der Aktionswoche der Berliner Mediziner beteiligt: Allgemeinmediziner arbeiteten mit verkürzten Öffnungszeiten, 3600 Fachärzte hielten ihre Praxen geschlossen. "Der Notdienst war perfekt organisiert", sagte gestern Anton Rouwen vom Aktionsrat Berliner Kassenärzte. Die Facharztverbände hatten die Notdienstpläne an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) weitergeleitet, die Adressen und Telefonnummern der Dienst habenden Ärzte an die Patienten weiterleitete. Rund 3300 Anrufer zählten KV-Mitarbeiter, die an neun Plätzen unter der Nummer 31 00 31 Patienten informierten. Dieser Anschluss sei nur leider permanent besetzt gewesen, sagte Regina Reuschenberg, Assistentin des BKK-Vorstandes. Der Landesverband Ost, zu dem 200 Betriebskrankenkassen zählen, hatte ein Callcenter mit regelmäßigen Anrufen beauftragt. Die BKK warf der KV Berlin "grob fahrlässiges Verhalten" vor, bestätigte allerdings nicht, dass sich Patienten direkt beim Verband beschwert hatten.

Die meisten Patienten hätten Verständnis für die Aktionswoche gezeigt, sagten die Initiatoren. "Und zu einer Kluft zwischen Klinikärzten und niedergelassenen Ärzten ist es auch nicht gekommen", sagte Elmar Wille, Vizepräsident der Berliner Ärztekammer. Die nicht vorhandene Reaktion von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums sei allerdings beschämend. "Die Schwachstellen der Gesundheitspolitik auf den Rücken der Ärzte auszutragen, ist pervers." Der Vorwurf, die Ärzte könnten ihre Honorare nicht vernünftig verteilen, sei geradezu lächerlich, wenn immer weniger Geld in die Kassen fließt. "Der Arzt haftet für die Richtigkeit der Therapie. Er ist nicht der Sparkommissar. Die Politik muss ihre ökonomischen Hausaufgaben machen", so Wille.

Auch die Patienten müssten darüber aufgeklärt werden, dass ein Übertritt zu einer billigeren Krankenkasse zu einer geringeren Kopfpauschale führt (die jährliche Ausgabe einer Kasse pro Versicherten). Wille, selbst niedergelassener Augenarzt in Tempelhof, sagte, dass es durchaus "Gestaltungsmöglichkeiten" in der Behandlung gebe. "Man kann teure Medikamente verschreiben oder Generika." Allerdings seien Generika, also preiswertere Medikamente der gleichen Wirkgruppe, mitunter individuell und therapeutisch nicht zweckmäßig. Und wenn dann noch Leistungen von Kasse zu Kasse unterschiedlich vergütet würden, dann "geht das Versorgungssystem bankrott". Daran habe der Patient auch einen bestimmten Anteil zu tragen. "Jeder, der in eine billige Krankenkasse geht, entzieht der ambulanten Medizin Geld."

Die niedergelassenen Ärzte wollen auch in anderen Bundesländern mit Aktionstagen oder -wochen auf die Probleme im ambulanten Bereich hinweisen. Mit Kollegen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg stehe man in Kontakt. "Dort werden gerade Aktionsräte gebildet", sagte Friedrich Kruse, Sprecher der Berliner Facharztvereinigung. Weitere Aktionen planen die Kassenärzte auch in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz.

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