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Berlin: Alle gaben sich diesmal bemüht tolerant

„Sie haben Kreide gefressen“, sagt Claudia Dantschke, eine der Initiatoren der Gegenkundgebung, die sich gegen „Islamismus, Antisemitismus und Rassismus“ wendet. „Dieselben Leute sind noch vor drei Jahren mit Hisbollah-Fahnen marschiert und haben ,Tod Israel’ skandiert.

„Sie haben Kreide gefressen“, sagt Claudia Dantschke, eine der Initiatoren der Gegenkundgebung, die sich gegen „Islamismus, Antisemitismus und Rassismus“ wendet. „Dieselben Leute sind noch vor drei Jahren mit Hisbollah-Fahnen marschiert und haben ,Tod Israel’ skandiert.“ Doch nachdem 2003 linke, jüdische und Ausländer-Gruppen gegen den islamistischen Aufmarsch protestiert haben, ist es in Berlin beim Al-Quds-Tag vorbei mit den martialischen Tönen – anders als bei den Glaubensbrüdern in der islamischen Welt. In Berlin bemühen sich die Organisatoren um ein friedliches Auftreten. Vom Lautsprecherwagen dröhnt ein monotoner Sing-Sang, immer wieder spricht der Redner von Demokratie und Frieden. „So langsam übertreibt er“, ruft einer aus einer Gruppe Jugendlicher. Die anderen lachen. Sie wirken wie Jungs, die sich diebisch über einen gelungenen Streich freuen. Selbst ein grimmig blickender schiitischer Imam, angereist aus Beirut, der am Ende der Demonstration läuft und offensichtlich eine Respektsperson ist, weicht allen Fragen aus, was mit „Befreiung Palästinas“ nun gemeint sei. „Wir sind für Frieden“, sagt ein Demonstrant vom Bodensee. Auch für einen Frieden mit Israel? „Ja, ja“, nuschelt er.

Die libanesischen Fahnen, die die Veranstalter verteilen, sind wohl eine verdeckte Anspielung auf die Hisbollah, die dort ihr Hauptquartier hat. Vielleicht sollen auch die weißen T-Shirts, die viele Demonstranten tragen, an die Märtyrerhemden erinnern. „Palästina gehört allen Palästinensern“, heißt es im Aufruf, „gleich, ob sie Juden, Christen oder Muslime sind“ – das hört sich friedlich an und ist doch eine verklausulierte Formel gegen die Existenz des Staates Israel.

Sie lehne jeden Terror ab, sagt eine Demonstrantin mit Kopftuch und Jeans, die das Schlusstransparent des Frauenblocks trägt. „Aber wer etwas gegen Israel sagt, muss vorsichtig sein“, meint eine andere. Das Gespräch mit der jungen Frau aus Bremen ist jedoch schnell beendet. Männliche Ordner fordern auf, den Frauenblock nicht zu belästigen.

Deniz Yücel

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