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Vor der Wohnungstür des Toten haben Nachbarn eine Blume und eine Kerze aufgestellt.

© Tagesspiegel

„Alle kannten ihn, ohne ihn zu kennen“: Viele offene Fragen nach Tod von Pastor in Berlin

Nachbarn beschreiben den getöteten Reinhold Zuber als freundlich und zugewandt. Doch vieles über seine Person bleibt im Dunkeln.

Dass an diesem Ort vergangene Woche ein Gewaltverbrechen stattgefunden hat, überrascht: Das Haus in der Thomasiusstraße 5 in Moabit ist ein herrschaftlicher Altbau mit auffälligen Stuckverzierungen, doch auf einer Seite im Hochparterre sind alle Rollladen heruntergelassen. Dort lebte Reinhold Zuber (77), den die Polizei am Sonnabend tot in seiner Wohnung auffand, und der offenbar ersten Hinweisen nach ein evangelischer Pastor war.

Nachbarn hatten die Polizei alarmiert, nachdem sie Zuber mehrere Tage nicht mehr gesehen hatten. Eine am Sonntagvormittag durchgeführte Obduktion bestätigte die Vermutung der Polizeibeamten, dass Zuber Opfer eines Tötungsdeliktes wurde. Nach Informationen der Bild-Zeitung starb er durch stumpfe Gewalt gegen den Oberkörper. Die Tatzeit schätzen die Ermittler auf Dienstag oder Mittwoch der vergangenen Woche. Sie baten die Bevölkerung um Hinweise und veröffentlichten ein Foto des Mannes.

Am Montag stehen vor Zubers Wohnungstür Blumen und eine Kerze. Daneben ein kleines Schild: „Herr Zuber, wir werden Sie vermissen! Ihre Nachbarn.“ Mehrere Anwohner, die am Montag am Haus vorbeigehen, erzählen, Zuber sei sehr freundlich gewesen.

Eine ältere Dame hat Tränen in den Augen. Sie sagt, Reinhold Zuber habe eine regelrechte „Aura“ gehabt. Man habe sich immer herzlich gegrüßt und nun bedauere sie, dass sie nie ein richtiges Gespräch mit ihm geführt habe. „Alle kannten ihn, ohne ihn zu kennen“, sagt sie.

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Ein anderer Nachbar aus der Straße kommt vorbei, um Blumen mit Trauerflor vor dem Fenster niederzulegen. Auch er bestätigt, Reinhold Zuber sei „immer herzlich“ und „flott drauf für sein Alter“ gewesen. Er sei außerdem offen mit seiner Homosexualität umgegangen. Ob Zuber eine Beziehung gehabt habe, wisse er allerdings nicht.

Privates Aids-Hilfe-Projekt?

An Zubers Briefkasten ist ein kleines Schild angebracht, auf dem steht: „AIDS Projekt Begegnungsstätte Tiergarten.“ Bei der Aids-Hilfe kenne man den Mann nicht, sagt Jens Petersen vom Berliner Aids-Hilfe e.V. dem Tagesspiegel. Und auch Dorothea Strauß, die seit 26 Jahren in der Berliner Aids-Seelsorge tätig ist, sagt, dass Zuber ihr in all den Jahren nicht begegnet sei. Eine Begegnungsstätte Tiergarten kenne sie nicht.

Wer kennt Reinhold Zuber? Der Pastor ist vermutlich ermordet worden.
Wer kennt Reinhold Zuber? Der Pastor ist vermutlich ermordet worden.

© Berliner Polizei

In den Gesprächen wird ein zugewandter Mann beschrieben, aber vieles um die Person Reinhold Zuber bleibt mysteriös. Nachbarn aus dem Nebenhaus hatten dem Tagesspiegel bereits am Sonntag berichtet, dass der Pastor häufig Besuch bekommen habe und seelsorgerisch tätig gewesen sein soll. Genaueres wüssten sie aber nicht.

Evangelischer Pastor – aber wo?

Auch der Mann, der die Blumen vorbeibringt, kann keine Angaben zu einer möglichen Gemeinde des Pastors machen. Eine Pressesprecherin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sagte, der Name sei bei der Landeskirche nicht bekannt, Zuber sei kein landeskirchlicher Pfarrer gewesen.

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Wer war der freundliche Pastor, der offenbar ein eigenes Aids-Projekt ins Leben gerufen hatte? Viele Fragen sind am Anfang der Woche noch offen. Ein Polizeisprecher sagte am Montagnachmittag, auf den am Sonntag veröffentlichten Aufruf hin habe die Polizei bereits zehn Hinweise erhalten. Weitere Informationen könne man aus ermittlungstaktischen Gründen zum laufenden Verfahren nicht herausgeben.

Wer Hinweise zu Reinhold Zuber machen kann, kann sich an die sechste Mordkommission beim Landeskriminalamt in der Keithstraße 30 in 10787 Berlin-Tiergarten wenden, oder sich unter der Telefonnummer (030) 4664- 911 666 telefonisch melden. Auch jede andere Polizeidienststelle nimmt Informationen entgegen.

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