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Berlin: Alle wollten H-Milch kaufen

Nach Tschernobyl war Nachfrage ähnlich turbulent

1986 lagerte in Berlin eine riesige „Senatsreserve“ von Trockenmilch. Die war allerdings für den Fall einer erneuten Blockade gedacht – und nicht, um die Bevölkerung vor Radioaktivität zu schützen. Doch genau diese Situation trat ein, als das Reaktorunglück von Tschernobyl die hiesigen Verbraucher in Angst und Schrecken versetzte. Auf dem Umweg über das Weidefutter der Kühe stiegen die Belastungswerte frischer Milch, die Nachfrage nach H-Milch mit einem Abfülldatum vor dem Unfall explodierte. Kein Wunder, dass nach wenigen Tagen auch der Milchpulvervorrat auffiel und zum Gegenstand politischer Kontroversen wurde. Walter Momper, damals SPD–Fraktionschef, forderte den Senat höchstpersönlich auf, den Vorrat für Säuglinge und Kleinkinder freizugeben. Doch daraus wurde nichts, denn die Aufregung ließ rasch nach, und die wenigen Apotheken, die Milchpulver aus EG-Überschüssen verkauften, machten angesichts des Kilopreises von 7,45 DM keinen überwältigenden Umsatz.

Der Frischmilchumsatz in Berlin allerdings sank in den ersten Wochen um ein Drittel: Die Meierei-Zentrale gab etwa am 7. Mai nur 225 000 statt der üblichen 300 000 Liter an den Handel ab. Danach normalisierte sich die Lage schnell. bm

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