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Berlin: Alles für den Nachwuchs

Zwischen Show und Politik: TU und HU begrüßten neue Studenten. Und das höchst unterschiedlich

TV–Profis hier, Politprominenz dort, Computer-Show kontra Beethoven-Sinfonie: Die Feiern für die Erstsemester an der Technischen Universität und der Humboldt-Uni hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während am Donnerstag die Neuen an der TU von Wigald Boning und Barbara Eligmann in die Laufbahn geschickt wurden, gab Wolfgang Thierse tags zuvor den HU-Erstsemestern staatstragende Worte mit auf den Weg.

Eligmann und Boning, die Moderatoren der Wissens-Show „clever!“ beamten den TU-Nachwuchs durch eine aufwendige 3-D-Show. Seite an Seite mit vier TU-Wissenschaftlern machten sie den Studenten mit den Bildern vom Mars und mathematischen Computer-Animationen Lust auf Naturwissenschaft. Die Fernseh-Moderatoren mussten allerdings zugeben: „Wir selbst haben nicht studiert, aber immerhin Abitur – und den Führerschein.“

Fürs Ernste fühlte sich an diesem Morgen Universitätspräsident Kurt Kutzler zuständig: „Es wird auch Frust geben in Ihrem Studium, aber durch den Frust müssen Sie durch – mit Geduld und Spucke.“ Zu beklagen seien auch die finanziellen Einschnitte, die alle Berliner Universitäten derzeit hinnehmen müssen, sagte der Präsident. Er will aber kreativ mit dem Mangel umgehen: „Wir müssen gestalten, anstatt zu klagen.“

Den meisten Studenten gefiel der multimediale Auftakt in ihr erstes Semester. „Da sieht man mal, welchen praktischen Nutzen die Naturwissenschaften haben könnten“, lobte etwa Julius, der im ersten Semester Verkehrswesen studiert. Ein Wermutstropfen aber blieb – die schicken 3-D-Brillen mussten nach der Vorstellung wieder abgegeben werden. Dafür gab’s Saft und Schnittchen beim Begrüßungsfrühstück im Foyer.

Freibier schenkte hingegen die Humboldt-Universität ihren Neuen aus. Zuvor gab es jedoch trockene Worte. „An der Mutter aller Universitäten“ studierten sie jetzt, erklärte HU-Präsident Jürgen Mlynek seinen Erstsemestern: Alle modernen Universitäten in der Welt ständen schließlich in der Tradition der Gründungsväter Wilhelm und Alexander von Humboldt. Bevor Thierse zu seinem Vortrag mit dem Thema „Demokratie in Zeiten des Umbruchs" ans Rednerpult trat, spielte das Uni-Orchester Beethoven.

Der Bundestagspräsident erzählte denn auch nicht viele Anekdoten aus der Studienzeit, in die er 1964 am selben Ort gestartet war. Vielmehr warb er für die Reformen der Bundesregierung: Nach fünf Minuten fielen zum ersten Mal die Worte „Hartz IV“, nach weiteren fünf „Agenda 2010“. Thierse warnte vor Rechtsextremismus, betonte, dass trotz Parteienverdrossenheit die Parteien für die Demokratie unersetzlich seien und äußerte sich skeptisch über die Legitimation der von vielen Studenten unterstützten Nichtregierungsorganisationen. Dass auch an den Universitäten gerade ein Umbruch stattfindet – seine Zuhörer starten erstmals größtenteils als Bachelor-Studenten ihre Ausbildung –, erwähnte Thierse nur am Rande. Den Studenten gefiel der politische Rundumschlag des Bundespräsidenten dennoch: Sie beklatschten seine Rede heftig. Auf den feierlichen Rahmen waren sie weniger vorbereitet. Anzüge? Gedeckte Farben? Die trugen nur Thierse, Mlynek und das Orchester.

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