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Da ist er ja: So gut wie pünktlich traf Klaus Wowereit zu der Sitzung ein.

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Update

"Alles kommt auf den Prüfstand": Task Force soll Korruptionsaffäre am BER aufklären

Die Aufklärung soll gründlich sein und schnell beginnen: Schon morgen wird eine Task Force ihre Arbeit aufnehmen, um die Korruptionsaffäre Großmann zu untersuchen. Das ist das Ergebnis einer Sondersitzung des BER-Aufsichtsrats.

Die Flughafengesellschaft hat eine Task Force eingesetzt, die die Korruptionsaffäre um den mittlerweile beurlaubten Technikchef Jochen Großmann aufklären soll. Das Gremium soll bereits morgen unter Leitung von Prof. Dr. Peter Oettel, Experte von Transparency International Deutschland, seine Arbeit aufnehmen. Die Gruppe soll alle Vergaben, an denen Großmann beteiligt war, prüfen und ihren Bericht bis zur nächsten regulären Aufsichtsratssitzung am 30. Juni vorlegen. Der BER-Aufsichtsrat unterstützt das Vorgehen der Flughafengesellschaft, wie in einer Pressekonferenz nach der Sondersitzung des Gremiums am Montagvormittag deutlich wurde.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bescheinigte Flughafen-Chef Hartmut Mehdorn den ordnungsgemäßen Umgang mit der Affäre. Mehdorn selbst sagte: "Wir sind betroffen, ein Stück erschüttert und ein bisschen traurig, was Herr Großmann unserem Flughafen angetan hat. Wir hätten das nicht für möglich gehalten." Dennoch zeige der Fall, dass das System der Korruptionsvorbeugung funktioniere.

"Uns ist klar, dass auf dieser Großbaustelle viele in Versuchung geraten. Es gibt, welch die glauben sie sind schlauer als das System, aber das System hat funktioniert, die Falle ist zugeschnappt," sagte Mehrdorn. "Alles kommt auf den Prüfstand. Wir werden nun mit einem noch engmaschigeren Kamm durchforsten, ob es noch mehr Knoten gibt. Wenn es noch weitere Fälle gibt, werden wir sie finden." Zur Zeit befänden sich außerdem keine Mitarbeiter von Jochen Großmann auf der Baustelle des BER, ob dies so bleibe, sei abzuwarten.

Vornehme Zurückhaltung über den Zeitplan

Auch zur weiteren Planung auf der Baustelle äußerte sich Wowereit. So werde das Konzept für die Brandschutz- und Entrauchungsanlage nicht mehr verändert, die neue zentrale Steuerung durch Siemens werde beibehalten. Bezüglich der geplanten Eröffnung war Wowereit zurückhaltend: "Damit verbunden ist die Hoffnung, ich setzte da bewusst ein Fragezeichen, dass es im weiteren Zeitplan zu keinen Verzögerungen kommt." Genaueres werde man jedoch erst am 30. Juni wissen. Hartmut Mehdorn nannte keinen Termin, sagte jedoch, dass man einen "sehr präzisen, tagesgenauen Terminplan" habe. Wie berichtet, soll demnach der Bau 2015 fertig gestellt werden und nach einer 6-monatigen Testphase im Jahr 2016 ans Netz gehen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es aber noch nicht.

Verzögerung der Sondersitzung

Montagmorgen um 8 Uhr sollte sie losgehen, die kurzfristig anberaumte Sondersitzung des BER-Aufsichtsrates. Einziger Tagesordnungspunkt: Der Bericht von Flughafenchef Mehdorn zur Korruptionsaffäre. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt gegen Technikchef Jochen Großmann wegen des Verdachts, für die Vergabe eines lukrativen Auftrags 500.000 Euro verlangt zu haben, wegen Bestechlichkeit. Nach ihren Erkenntnissen ist aber letztlich kein Geld geflossen. Einige BER-Kontrolleure standen am Montagfrüh auf der Stadtautobahn im Stau - und so verzögerte sich der Beginn der Sitzung. Bis viertel nach acht fehlten im Verwaltungsgebäude des Flughafens Tegel vor allem die Brandenburger Mitglieder des Gremiums, aber zum Beispiel auch Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU).

Klaus Wowereit war zu diesem Zeitpunkt schon eingetroffen und äußerte sich, ähnlich wie bereits am Sonntagabend im RBB, zur Leistung von Flughafenchef Mehdorn. Dieser habe nicht versucht, etwas zu vertuschen - Mehdorn habe „die Lage im Griff“, sagte Wowereit, der auch Aufsichtsratschef ist, dem RBB. „Gegen Korruption ist keiner gefeit.“ Der Vorsitzende des Flughafen-Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Martin Delius (Piratenpartei), sieht Mehdorn hingegen in der Mitverantwortung. Die Auftragsvergaben durch Großmann könnten nur mit Absolution durch Mehdorn erfolgt sein, sagte er am Montag im Inforadio des RBB. Es habe bereits in der Vergangenheit „pragmatische Lösungen“ bei der Auftragsvergabe ohne Ausschreibungen gegeben. Der haushaltspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Sven-Christian Kindler, hatte zuvor die Entlassung von Mehdorn gefordert.

Als erster Brandenburger erreichte schließlich Finanzminister Christian Görke (Linkspartei) gegen 8:15 Uhr den Flughafen Tegel. Er sagte knapp, er erwarte eine längere Sitzung, und verschwand im Gebäude. Wenige Minuten später traf dann Senator Henkel ein. Er sprach angesichts der Korruptionsvorwürfe von einem "ernsthaften Vorfall" und sagte, er erwarte "eine Menge Antworten auf eine Fülle von Fragen." Auch Rainer Bretschneider, Flughafen-Staatssekretär in der Brandenburger Staatskanzlei, traf kurz darauf ein. Er sagte nur knapp, nötig seien nun "Information und Klarheit" - und verschwand hinter einer Drehtür. Gegen viertel nach elf war die Sitzung dann beendet.

Unterdessen will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ die Baukosten des Hauptstadtflughafens extern kontrollieren lassen. Mit Bezug auf den aktuellen Korruptionsverdacht habe Dobrindt am vergangenen Mittwoch in einer internen Besprechung gesagt, die jüngsten Ereignisse am Flughafen seien „inakzeptabel“. Der Minister habe darauf gedrungen, ein „externes Controlling“ einzurichten, das ab sofort, „direkt und ausschließlich an die Eigentümer berichtet“, schreibt die Zeitung. Ein entsprechendes Konzept sollten Ministeriumsfachleute bis zum Wochenende erarbeiten.

Wie das Blatt weiter berichtete, soll nach der Vorstellung des Ministers eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft künftig die Projektfortschritte begleiten und den Kostenrahmen sowie die Vergabe weiterer Aufträge kontrollieren. Der Bund gehört wie die Länder Berlin und Brandenburg zu den Eigentümern des Flughafens. Die Forderung von Dobrindt wurde auf der Sondersitzung nicht diskutiert. "Wir werden das mit den anderen Gesellschaftern erörtern," kommentierte Wowereit. (mit dpa)

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