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Berlin: Alles nur Bluff

Bahnerpresser zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt Umsetzen wollte der 45-Jährige seine Drohung nicht

Die Drohungen klangen angsteinflößend. Sollte die Deutsche Bahn nicht zwei Millionen Euro zahlen, würden bundesweit Anschläge auf das Schienennetz verübt, schnarrte eine verzerrte Stimme. Doch Ciro S. hat nie vorgehabt, tatsächlich ein Attentat zu verüben. Er hatte nur geblufft. Davon waren die Richter gestern überzeugt. Deshalb verurteilten sie den 45-jährigen Mann aus Niedersachsen zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis.

Es war Anfang 2007, als Ciro S. nach einem „Befreiungsschlag“ aus seiner finanziellen Misere suchte. Schulden aus der ersten Ehe drückten. Einen Job hatte der gesundheitlich stark angeschlagene Informatiker nicht in Aussicht. Und dann waren da seine Frau und der zweijährige Sohn … „Er empfand seine Lage sehr schwierig bis hoffnungslos“, sagte der Vorsitzende Richter. Im Februar sei S., ein technisch versierter Mann, auf die Idee mit der Erpressung gekommen.

Am 7. Februar ging seine erste Erpresserbotschaft bei der Bahn in Berlin ein – unter dem Absender „Gerhard Schröder“. Er verlangte zwei Millionen Euro in 50- und 100-Euro-Scheinen. Im Falle der Weigerung würden Anschläge auf das Schienennetz verübt – mit Stahlkeilen und acht bundesweit verteilten Sprengsätzen. Seine Forderung untermauerte Ciro S. mit einigen CDs. Sollte er bei der Geldübergabe festgenommen werden, nehme „der größte Anschlag in der Geschichte der Bundesbahn seinen Lauf“, verkündete die mechanische Stimme.

Zwei Wochen nach Beginn der Erpressung startete von der Bahnhofsallee in Göttingen aus ein Fahrzeug mit zwei Geldbotinnen. So hatte es Ciro S. verlangt. Am Steuer aber saßen zwei Beamtinnen des Landeskriminalamtes Berlin. Er schickte die Frauen auf eine Irrfahrt durch Niedersachsen. Mit immer neuen Hinweisen per SMS und am Straßenrand deponierten CDs ging die Tour über Hannover, Braunschweig, Hameln nach Springe. Ciro S. war ebenfalls im Auto unterwegs.

Die Polizei aber überwachte die fingierte Geldübergabe mit mehr als 60 Beamten. Der Erpresser hatte das Geld kaum im Auto, da klickten bereits die Handschellen. Die Tat sei das Dümmste, was er je in seinem Leben getan habe, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Strafmildernd werteten die Richter, dass er von Anfang an geblufft und nicht den leisesten Ansatz zu Anschlägen unternommen hatte. Damit unterscheide sich die Tat deutlich von anderen spektakulären Erpressungsfällen. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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