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Berlin: Als der Kreisel brummte

Vor 25 Jahren wurde das Steglitzer Bürohochhaus zum Sitz des Bezirksamtes Eine Ausstellung erzählt die Entstehungsgeschichte des Skandalbaus

Ein Jubiläum wäre während der aktuellen Diskussion um das asbestverseuchte Steglitzer Kreisel-Hochhaus, um Sanierung oder Abriss, fast vergessen worden: Am 27. Februar vor 25 Jahren zog das Bezirksamt in das Bürohochhaus ein. Angesichts der Sorgen, die sich Mitarbeiter wegen der Gesundheitsgefahren machen, kein Grund zum Feiern. Das Kulturamt hat aber eine kleine Ausstellung über die Entstehungsgeschichte des Gebäudes vorbereitet, auch mit Bauarbeiter-Interviews. Beim Kreisel, sagt Amtsleiterin Sabine Weißler, werde zwar immer an Asbest und Bauskandal gedacht, das Hochhaus sei aber auch ein „Charakterbau“, der für die Mühe von hunderten Bauarbeitern stehe. Die Großbaustelle habe jahrelang die gesamte Umgebung geprägt.

Gestern, beim Aufbau der Ausstellung, sind schon etliche Bauarbeiter dabei. Peter Schulz etwa, der damals Decken montierte. „Abriss? Davon rate ich ab“, sagte er beim Blick vom 26. Stock steil nach unten. „Dann müsste man viel absperren, die U-Bahn unterm Haus oder die S-Bahn daneben.“ Schulz war bei der Asbestsanierung des IBB-Bankgebäudes an der Bundesallee dabei, hat auch Asbest aus dem Kongresszentrum ICC geholt.

Er glaubt, dass die Sanierung des Hauses die beste Lösung ist. In der Ausstellung wird er darüber berichten, wie Anfang der achtziger Jahre – es war die zweite Bauphase nach langer Unterbrechung der Arbeiten – zumindest aus dem Flachtrakt Spritzasbest entfernt wurde. Kranführer Rudolf Richert erzählt, wie er 26 Stockwerke der gerade hochgezogenen Treppenhaustürme hochklettern musste, weil es keine Außenaufzüge gab. Wie bei Schneesturm und minus 18 Grad Gerüstbauer ihre Arbeit verweigerten. Er erzählt von Termindruck und langen Arbeitszeiten, bis zu 330 Stunden im Monat. Polier Peter Müller berichtet, dass Anfang der siebziger Jahre fast 500 Leute auf der Baustelle waren, dass es damals außer einigen jugoslawischen Kollegen kaum „Gastarbeiter“ gab, dass die Werkstoffe für den Beton aus der DDR kamen.

Die Ausstellung informiert über das politische Ränkespiel um die damalige Star-Architektin und Bauherrin Sigrid Kressmann-Zschach, über Konkurse, verlorene Landesbürgschaften, Senatorenrücktritte. Im November 1988 kaufte das Land Berlin das Hochhaus für 67 Millionen Mark, jetzt kostet die Asbestsanierung möglicherweise 84 Millionen Euro – mindestens.

„Drehpunkt – Was erzählt der Kreisel?“ Ausstellung des Kulturamts Steglitz-Zehlendorf, Steglitzer Kreisel, 26. Etage, Schloßstraße 80. Eröffnung 28. Februar, 18.30 Uhr. Montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, vorerst unbefristet. Eintritt ist frei.

Christian van Lessen

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