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Berlin: Als Konsequenz aus den Ereignissen am israelischen Konsulat entließ die PKK ihren Statthalter

Das politische und menschliche Drama am israelischen Generalkonsulat hat auch in der PKK selbst zu herber Kritik geführt. Der für die Besetzung des Konsulats verantwortliche PKK-Funktionär wurde als Reaktion abgesetzt.

Das politische und menschliche Drama am israelischen Generalkonsulat hat auch in der PKK selbst zu herber Kritik geführt. Der für die Besetzung des Konsulats verantwortliche PKK-Funktionär wurde als Reaktion abgesetzt. Nach Informationen der Bundesanwaltschaft war für die Koordinierung vor einem Jahr ein 35-jähriger Kurde verantwortlich, der wie der PKK-Führer ebenfalls Abdullah Öcalan heißt - ohne allerdings mit "Apo" verwandt zu sein. Öcalan, der intern unter dem Decknamen "Xebat" bekannt war, soll die Besetzungen in Berlin und Leipzig per Handy koordiniert haben. Durch die Rückverfolgung der Telefonate kamen ihm die Ermittler auf die Spur; er wurde im Oktober 1999 in Paris verhaftet. "Xebat" soll von der Europazentrale der PKK eingesetzt worden sein, um die Regionen Berlin und Sachsen zu koordinieren.

Bereits am Tag nach den tödlichen Schüssen wurde in der kurdischen Gemeinde massiv Kritik an der Besetzung geübt. Im Gegensatz zu den Ermittlern berichten Insider, dass die Besetzung ganz und gar nicht gut koordiniert gewesen sei. Die angeschossenen und festgenommenen Kurden seien allesamt nur Sympathisanten gewesen. Man habe das israelische Konsulat ausgesucht, weil dort am wenigsten Polizeischutz vorhanden sei, sagte einer der beteiligten Kurden später aus. "Das einzige, was gut gelaufen ist, war die zeitliche Koordinierung mit anderen Besetzungen", sagt ein Kenner der Szene. Kurz nach den tödlichen Schüssen wurde "Xebat" folgerichtig abgelöst.

Seine Nachfolgerin, eine 39-jährige Frau namens Perihan C., wurde vor genau einer Woche, in Wilmersdorf durch die Bundesanwaltschaft festgenommen. Perihan C., intern auch unter dem Tarnnamen "Bercem" bekannt, hatte nach Angaben der Ermittlungsbehörden nur eine Tasche mit Handy und dem nötigsten Reisezubehör bei sich. Sie sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Lichtenberg.

Die Strafverfolger gehen davon aus, dass die Europa-Zentrale der PKK so genannte "Gebietsverantwortliche" einsetzt, die wiederum die "Regionalverantwortlichen" koordinieren - Funktionäre wie "Xebat" und "Bercem". Die Regionalverantwortlichen sind in der Regel nur relativ kurze Zeit auf ihrem Posten und wohnen nicht in einer festen Wohnung, sondern kommen bei PKK-Mitgliedern unter, die als vertrauenswürdig gelten. Ihre Festnahme gilt als Berufsrisiko; als die Bundesanwaltschaft zugriff, reagierte "Bercem" ausgesprochen "cool".

Aktuell dominiert in kurdischen Kreisen die Verunsicherung. Während ein größerer Teil die neue, friedliche Linie des inhaftierten PKK-Chefs Öcalan unterstützt kritisiert eine Minderheit den Kurs. "Die Basis, auch viele Funktionäre sind völlig durcheinander" sagt ein Insider. "Die Hardliner wollen weitermachen." Sicherheitsbehörden halten deshalb eine militante Abspaltung von der PKK für möglich. Ob ein Kurswechsel ansteht könnte sich schon bald zeigen. Rund um das Newroz-Fest am 21. März soll die gesamte Führungsebene in Deutschland komplett ausgetauscht werden.

Holger Stark

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