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Doch nochmal zusammen? Raed Saleh (l), Vorsitzender der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, und Christoph Meyer (r), Vorsitzender der FDP Berlin, begrüßen sich bei Sondierungsgesprächen im Oktober.

© Christoph Soeder/dpa

Exklusiv

Als „pragmatischer Partner“ doch zur Ampel?: Berliner FDP rechnet mit Koalitionsbruch wegen Enteignungen

In einem internen Fraktionspapier skizzieren die Liberalen, wie es zum Koalitionsbruch kommen könnte – und halten die Tür für eine Ampel-Koalition offen.

Die FDP stellt sich auf eine kurze Halbwertzeit der kommenden rot-grün-roten Koalition ein. In einem internen Strategiepapier, das dem Tagesspiegel vorliegt, wird ein mögliches Enteignungsgesetz als „Bruchpunkt“ identifiziert.

„Wenn sich die drei Parteien im Koalitionsvertrag auf den Weg von Franziska Giffey einigen, werden die Belastung und ein etwaiger Bruch der Koalition zunächst nur für ein Jahr ausgesetzt“, heißt es darin. Gemeint ist die Enteignungskommission, die ein Jahr lang beraten soll.

Damit werde der Konflikt zwischen den Parteien und den partei-internen Blöcken aber nicht befriedet, glaubt die FDP. Das Schicksal der künftigen Regierenden Bürgermeisterin sei damit verknüpft, dass ein von ihr favorisierter Verfahrensvorschlag umgesetzt wird.

In der sechs-seitigen Analyse, augenscheinlich vom neuen parlamentarischen Geschäftsführer Björn Matthias Jotzo verfasst, wird unterstellt, Franziska Giffey wolle unbedingt vermeiden, dass tatsächlich ein Gesetzesentwurf erstellt wird. Sie würde einen solchen Entwurf - wie die auch die FDP - als kontraproduktiv erachten.

Ob die FDP dies aus den Aussagen von Giffey in den gemeinsamen, geheimen Sondierungsgesprächen ableitet, bleibt unklar. „Ob es dabei bleiben wird, wird sich erst im Laufe der Koalitionsverhandlungen zeigen", heißt es in dem Papier weiter. Aber auch in dem Fall, dass die Kommission zu dem von der FDP erwarteten Ergebnis kommt, dass eine Umsetzung des Enteignungsvolksentscheides verfassungswidrig wäre, werden Probleme antizipiert.

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Die Liberalen mutmaßen, dass sich die "radikalen Kräfte" besonders bei den Linken und Grünen kaum damit abfinden werden. „Diese Kräfte würden – wie bereits beim ,Mietendeckel' – lieber vor Gericht scheitern, als nicht alle Maßnahmen ausgeschöpft zu haben", steht in dem Papier. Namentlich genannt werden die Linke-Abgeordneten Katalin Gennburg und Gabi Gottwald, die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger und Friedrichshain-Kreuzbergs grüner Baustadtrat Florian Schmidt.

„Sollte es doch zu dem Versuch von Enteignungen kommen, hätte dies entweder den Sturz Giffeys zur Folge oder ein Scheitern der Koalition.“ Denn Giffey habe Enteignungen als „rote Linie“ benannt.

FDP will mit SPD und Grünen zusammenarbeiten

Die FDP hält gleichzeitig die Tür für eine mögliche Ampel-Koalition offen. Besonders in der SPD seien die linkeren Kräfte zwar laut, aber nicht in der Mehrheit. Bei der Enteignung will die Partei aber keine Kompromisse machen, sondern weiter auf das eigene Neubauprogramm hinweisen.

Weiter heißt es: „Das bedeutet für uns, dass wir bereitstehen müssen, auch bereits vor der nächsten Wahl Verantwortung zu übernehmen.“ Man wolle sich als „pragmatischer Partner“ positionieren und so Signale an „die sachorientierten Vertreter“ von SPD und Grünen senden. Das Papier soll am Dienstag in der Fraktionssitzung diskutiert werden.

Besonders Berlins designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hatte während der Sondierungsverhandlungen für ein Bündnis mit der FDP geworben. Teile ihrer Partei und die Grünen hatten aber auf ein erneutes Bündnis mit der Linkspartei gedrungen. Zurzeit laufen die Koalitionsverhandlungen über ein erneutes rot-grün-rotes Bündnis. Die Regierung soll im Dezember stehen.

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