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Berlin: Altes Misstrauen und blankes Entsetzen

Der Widerstand der Polizei war dem Vorschlag von FDP und Grünen sicher - und er kam prompt. Die Polizisten in geschlossenen Einheiten sollen, darauf haben sich die Innenpolitiker von SPD, Grünen und FDP geeinigt, künftig durch Nummernschilder auf ihren Uniformen persönlich gekennzeichnet werden.

Der Widerstand der Polizei war dem Vorschlag von FDP und Grünen sicher - und er kam prompt. Die Polizisten in geschlossenen Einheiten sollen, darauf haben sich die Innenpolitiker von SPD, Grünen und FDP geeinigt, künftig durch Nummernschilder auf ihren Uniformen persönlich gekennzeichnet werden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Eberhard Schönberg, weist diesen Vorschlag zurück. "Das ist kein Thema", sagt Schönberg, er wolle bereits heute bei einem Gespräch mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD) seine Haltung mit Nachdruck darlegen. Durch die Kennzeichnung würden Polizisten und ihre Familien gefährdet. Deshalb lehnt die GdP diesen Vorschlag ebenso ab, wie die in den Ampelverhandlungen anvisierte Abschaffung des Polizeiorchesters und der Reiterstaffel.

Die Grünen würden, so Schönberg, mit dieser Idee ein altes Ritual wiederbeleben. Aus den Überlegungen spreche ein generelles Misstrauen gegenüber der Polizei, "obwohl wir inzwischen ein gutes Verhältnis zu den Grünen haben". GdP-Geschäftsführer Klaus Eisenreich berichtete aus einer Direktionsversammlung der Polizei am Montag, es habe "blankes Entsetzen" über diesen Vorschlag geherrscht. In einer Zeit steigender Kriminalität gegen Polizeibeamte "halten wir das für unfassbar", drückt Eisenreich die Reaktion seiner Kollegen aus.

Anders verhält es sich mit einem anderen Vorschlag, den FDP und Grüne gegen den Willen der SPD durchsetzen wollen: Die Auflösung des Freiwilligen Polizeidienstes (FPD) steht auch bei der Gewerkschaft der Polizei hoch im Kurs. Die SPD jedoch schlägt vor, den FPD einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen und ihn auch weiter zur Unterstützung der Berliner Polizei einzusetzen.

Die Forderungen von FDP und Grünen im Bereich Innere Sicherheit halten jedoch noch weiteren Konfliktstoff bereit. Noch gar nicht verhandelt sind die Eingriffsrechte der Polizei. Und hier formuliert besonders die FDP Bedenken gegen die Einschränkung von "Freiheitsrechten auch unbescholtener Bürger", wie es in einer FDP-Vorlage heißt. Wie auch die Grünen lehnen die Liberalen verdachts- und ereignisunabhängige Kontrollen, also die Schleierfahndung, und langfristige Aufenthaltsverbote ab. Hier werden sich FDP und Grüne nicht nur mit der SPD auseinander setzen müssen. Für die GdP empört sich Klaus Eisenreich, "das ist doch das Allerletzte". "Ich halte es für völlig falsch, dass der Polizei Mittel aus der Hand geschlagen werden, die ihr vernünftige präventive Arbeit ermöglichen", wehrt er diese Intervention der Verhandlungspartner ab. Deren Vorschläge widersprächen dem Interesse der Mehrheit der Bevölkerung.

Noch nicht geklärt ist zwischen den Innenpolitikern der Ampelgespräche ein weiterer Punkt. Während die SPD dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Terrorismusbekämpfungsgesetz (Sicherheitspaket II von Innenminister Otto Schily) zustimmen will, melden Grüne und FDP Prüfbedarf an. Bei der "berechtigten Forderung nach einer Verbesserung der Inneren Sicherheit" setzt die FDP die "nüchterne Analyse" einem "Aktionismus" gegenüber. Die FDP wolle die freie Gesellschaft verteidigen, ohne sie dabei aufzugeben. Auch die Grünen, die im Bund dem Paket bereits zugestimmt haben, wollen eine Überprüfung der Effektivität. Dieser Punkt wird im Rahmen einer generellen Vereinbarung über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat behandelt.

Große Einigkeit zeigen die drei Ampelparteien indes im Bereich der Polizeistruktur. So soll das Landespolizeiverwaltungsamt aufgelöst und die Verlagerung eines Großteil der Aufgaben auf das Landesverwaltungsamt geprüft werden. Und was die personelle und sachliche Ausstattung angeht, wissen SPD, Grüne wie FDP um die Notstände in der Polizei. Die Parteien dringen auf eine Verbesserung der technischen Mittel - trotz Haushaltskrise. Die Polizei müsse auf den Stand der Zeit gebracht werden.

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