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Berlin: Altlinke Sprüche

Lehrergewerkschaft kritisiert Lesepateninitiative von Kaufleuten und Industrie

Es war gar nicht so leicht, diese runde Zahl zu erreichen, aber jetzt ist es soweit: An der Weddinger Wilhelm-Busch-Schule wurde am Dienstag der 2000. Lesepate des Bürgernetzwerks Bildung begrüßt. Damit erreicht die Initiative des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) sechs Jahre nach ihrer Gründung wöchentlich rund 10 000 Kinder in 186 Schulen und 92 Kindertagesstätten. Alle Einrichtungen liegen in sozialen Brennpunkten.

In den Augen der GEW hat die Initiative allerdings einen erheblichen Schönheitsfehler: Der VBKI repräsentiert in ihren Augen die „Lobby der Besitzenden“. Deshalb hat sie sich geweigert, in der Septemberausgabe ihrer Mitgliederzeitschrift ein Buch über die Lesepateninitiative vorzustellen, das die Leiterin des Netzwerks, die grüne Ex-Bildungssenatorin Sybille Volkholz, geschrieben hat.

Die Mitgliederzeitschrift „blz“ (Berliner Lehrerzeitung) wird nicht von irgendwem verantwortet, sondern von der GEW-Vorsitzenden Sigrid Baumgardt. Sie gehört zur sechsköpfigen Redaktion, die die Buch-Rezension abgelehnt hat. Zur Begründung schrieb der koordinierende Redakteur an die Rezensentin, dass sich die „Besitzenden“ lieber um fehlende Lehrer und Erzieher kümmern sollten, anstatt sich durch „kleine Aktionen“ wie die Lesepateninitiative daran „vorbeizumogeln, dass sie Verursacher der Misere sind“. Langjährige GEW-Mitglieder wundern sich unterdessen über diese „altlinken“ Äußerungen.

„Es ist doch eine irre Initiative, die Sybille Volkholz da hingekriegt hat“, findet etwa die Vorsitzende des Berliner Grundschulverbandes, Inge Hirschmann. Die Rezension nicht zuzulassen sei „merkwürdig und abwegig“, meint auch Paul Schuknecht von der GEW- Schulleitervereinigung. Es sei eine „Alt-68er-Argumentation“, dass die „Economy an allem schuld ist“.

Die Festtagsstimmung in der Wilhelm-Busch-Schule, einem sonderpädagogischen Förderzentrum, wurde durch das GEW- Scharmützel nicht getrübt. Ingrid Kleister, die 2000. Lesepatin und ehemalige Erzieherin, freute sich sichtlich darauf, die Kinder künftig unterstützen zu können. Und VBKI-Präsident Klaus von der Heyde, der am Dienstag nach zwölf Jahren aus seinem Amt schied, kündigte an, ebenfalls Lesepate werden zu wollen. Der VBKI ist ein gemeinnütziger Verein, der sich ausdrücklich nicht als „unternehmerische Pressure Group“ versteht, sondern als „Brückenbauer in andere Bereiche der Gesellschaft“. jkü/sve

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