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Berlin: Am Bonner Wahlabend beginnt der Wahlkampf

BERLIN .Unmittelbar nach der Bundestagswahl beginnt der Wahlkampf in Berlin.

BERLIN .Unmittelbar nach der Bundestagswahl beginnt der Wahlkampf in Berlin.Damit steht ein Jahr Unruhe in der Landespolitik bevor, eine Belastungsprobe für die Große Koalition.Die Fraktionschefs von CDU und SPD, Klaus Landowsky und Klaus Böger, haben deshalb vorsorglich versucht, eine aufkeimende Debatte über vorgezogene Neuwahlen zu ersticken.Beide erteilten solchen Vorstellungen gegenüber dem Tagesspiegel eine Absage.Sie wollen die Koalition bis zur turnusmäßigen Wahl im Herbst 1999 stabil halten, obwohl sie sich des Drucks bewußt sind, den jedes Ergebnis der Bundestagswahl bewirken kann.

Siegt die CDU, befürchtet die SPD deren Übermut.Die CDU fürchtet dagegen, die SPD wolle im Fall eines Wahlsieges den "Schröder-Effekt" für vorzeitige Neuwahlen nutzen."Man muß sich auf alle Eventualitäten einstellen", heißt es in der Umgebung des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU).Voraussetzung für außerplanmäßige Wahlen ist allerdings die Selbstauflösung des Abgeordnetenhauses, die gegen die CDU nicht zu haben ist.Dies sei "ein beruhigendes Element im Haltbarkeitstest", sagte ein Diepgen-Berater.Landowsky und Böger wollen die Fliehkräfte durch Dienstverpflichtung fesseln.Sie haben bereits die Abrede getroffen, noch bis zum Herbst 1999 gemeinsam harte Nüsse zu knacken.Sie nannten Koalitionsentscheidungen über die Krankenhausplanung, die Zusammenführung von S-Bahn und BVG unter dem Dach der Deutschen Bahn AG, die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe, Wohnungsverkäufe und die Einrichtung des Grundstücksfonds.Jeder für sich rechnet sich so die besten Wahlchancen aus.

Falls Bürgermeisterin und Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) Bundesministerin wird, will man auch ein geräuschvolles Stühlerücken im Senat vermeiden.Die SPD sähe zwar eine "gute Gelegenheit, auch den amtsmüden Wirtschaftssenator auszuwechseln, aber es ist nicht unsere Forderung", ließ Böger wissen.Landowsky sieht für die Ablösung von Elmar Pieroth (CDU) "überhaupt keinen Grund".Die Bergmann-Nachfolge für zunächst nur ein Jahr bereitet der SPD Kopfzerbrechen.Es soll wieder eine "Ost-Lösung" sein, die aber kaum zu haben ist.Der ins Gespräch gebrachte Köpenicker Bezirksbürgermeister Klaus Ulbricht versicherte: "Nein, ich will nicht." Auch seine Sozialstadträtin Helga Walter winkte ab.Damit steigen die Chancen der Kreuzberger Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer.Der Gewerkschaftsführer und SPD-Taktiker Hermann Borghorst soll Senatorenwürden ebenfalls nicht abgeneigt sein.Doch will man "keinen Familienbetrieb" im Senat; Borghorsts Ehefrau Helga Korthaase ist Frauen-Staatssekretärin.

Auf vorzeitige Neuwahlen spekuliert vor allem die Opposition.Aber selbst der stellvertretende SPD-Chef Klaus Uwe Benneter, Exponent des linken Flügels, sagte: "Ich wünschte mir die Wahl schon im Frühsommer 1999, um ein ganzes Jahr Wahlkampf zu vermeiden.Aber das macht ja die CDU nicht mit." Böger reagierte ungehalten: "Da soll Benneter mal die Abgeordneten fragen."

Die Grünen-Fraktionschefin Michaele Schreyer vermutet, daß in den SPD-Reihen im Fall einer rot-grünen Bundesregierung der Wechsel auch in Berlin und damit vorgezogene Neuwahlen gefordert werden.Sie hält es nicht für realistisch, daß die SPD dann "ein Jahr lang weiteren Stillstand" akzeptieren werde.Der "Politikwechsel" eines Kabinetts Schröder werde zu weiteren Verstimmungen führen: "Wie verhält sich Berlin dann im Bundesrat?" PDS-Fraktionschef Harald Wolf sprach sich für vorgezogene Neuwahlen aus.Er glaube aber nicht, daß sich "die Koalition dieser Debatte stellt".

Landowsky warnte vor einem spektakulären Koalitionsbruch der SPD: "Dann machen wir eine Minderheitsregierung der CDU, und das halten wir auch durch." Böger konterte mit der Warnung vor einem vorzeitigen Ausscheren der CDU.Der eigenen Partei machte er klar: "Wer ohne dramatische Gründe vorzeitige Neuwahlen provoziert, wird vom Wähler zu Recht abgestraft." Ungeachtet dessen betonte er, daß neun Jahre Große Koalition bis zum Herbst 1999 genug seien: "Die CDU will mit der SPD weitermachen, wir wollen eine rot-grüne Koalition."

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