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Berlin: Am Gängelband des Senats

Vivantes-Chef Bovelet kündigte seinen Rücktritt an Sein Verhältnis zu Nußbaum war zerrüttet.

Die Vivantes-Krankenhäuser stehen vor folgenschweren Entscheidungen. Wie berichtet hat Vivantes-Chef Joachim Bovelet seinen Rücktritt angekündigt. Die Stimmung zwischen ihm und dem Senat, dem die Klinikkette gehört, hatte sich zuletzt verschlechtert. Schon 2012 hatten mehrere Vivantes-Führungskräfte den größten kommunalen Klinikkonzern Deutschlands verlassen. Der Senat könnte nun mit dem Einsetzen eines neuen Chefs schnell die Ausrichtung des Konzerns ändern – einige fürchten gar eine neue Debatte um die Privatisierung der städtischen Kliniken.

Zuletzt hatte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) auf einen harten Sparkurs gedrängt. Dem Vernehmen nach zum Ärger Bovelets, der sich mehr Spielraum erhofft hatte. Offiziell hat Bovelet sein Amt aus persönlichen Gründen niedergelegt. Mit 14 000 Beschäftigten ist Vivantes nach der Bahn der größte Arbeitgeber der Hauptstadt. Im Dezember musste Bovelet auf einen Missbrauchsvorwurf gegen einen Mitarbeiter reagieren – er ließ den Verdächtigen anzeigen und den Senat informieren. Auf einer Aufsichtsratssitzung am 18. Februar sollen neben Bovelets Rücktritt auch Präventionsmaßnahmen gegen Missbrauch besprochen werden.

Klinikintern war Bovelet zwar umstritten, wegen des Spardrucks mussten Mitarbeiter etwa auf Weihnachtsgeld verzichten. Doch trotz langjährigen Streits äußern sich Arbeitnehmervertreter anerkennend. „Sein Weggang ist ein Verlust, es war für die Beschäftigten nicht immer einfach, aber mit Bovelet konnte man reden“, sagte Vivantes-Betriebsratschef Giovanni Ammirabile dem Tagesspiegel.

Auch der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Albers (Linke), erklärte: „Bovelet stand für eine solide Krankenhauspolitik, der Senat hat ihm dennoch massiv ins operative Geschäft gequatscht und notwendige Investitionen verweigert.“ Eine Sprecherin von Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sagte, man sei vom Rücktritt überrascht. Czaja und Bovelet hätten gut zusammengearbeitet.

Das bezweifeln einige. „Die tiefere Ursache liegt wahrscheinlich im zerrütteten Verhältnis zum Finanzsenator. Doch auch die Enttäuschung über einen schwachen Gesundheitssenator dürfte eine Rolle spielen“, sagte Albers, der lange bei Vivantes als Oberarzt tätig war. Czaja habe als Vivantes-Aufsichtsratmitglied der Politik von Nußbaum zu wenig entgegengesetzt.

Noch 2011 sah es danach aus, als kämen Bovelet und der Senat gut miteinander klar. Zusammen mit der Gewerkschaft Verdi und dem Betriebsrat unterzeichneten Nußbaum und Bovelet eine Erklärung, wonach Vivantes bis 2020 in der Hand des Landes bleiben soll. Mit dem Dauernd-um-Erlaubnis-Fragen habe sich Bovelet als erfahrener Manager wohl gegängelt gefühlt, hieß es gestern von Vivantes-Mitarbeitern. Auch aus dem Abgeordnetenhaus war zu hören, der Sparkurs sei für Kliniken dieser Größe schon deshalb ein Problem, weil auf dem umkämpften Gesundheitsmarkt „permanent Investitionen in die Technik“ erforderlich seien.

Seit 2007 leitete Bovelet den Konzern, sein Vertrag als Vorsitzender der Geschäftsführung läuft bis 2017, er wird mit dem Senat wohl über eine Abfindung sprechen. Sein Jahresgehalt soll zuletzt fast 500 000 Euro betragen haben. Bovelet verlässt den Konzern nach Tagesspiegel-Informationen im zweiten Jahr in Folge mit einem Plus von rund fünf Millionen Euro. Ursprünglich waren mehr als sieben Millionen Euro anvisiert worden. Eine Unternehmenssprecherin kommentierte die Zahlen nicht. Die Bilanz wird im Mai vorgestellt. Hannes Heine

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