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Berlin: Am seidenen Faden

Die PDS im Erststimmen-Wahlkampf: Falls sie bundesweit unter fünf Prozent holt, kann sie im Bundestag nur eine Gruppe bilden, wenn sie drei Direktmandate gewinnt

Von Sabine Beikler

So könnte es für die Sozialisten schlimmstenfalls nach dem Wahlsonntag aussehen: Die PDS schafft die Fünf-Prozent-Hürde nicht, kann auch drei Direktmandate nicht holen – und statt der 37 Fraktionsmitglieder wie bisher sitzen zwei Einzelkandidatinnen im Bundestag. Dieses „parlamentarische Paar“ könnten zum Beispiel die Berliner Direktkandidatinnen Petra Pau und Gesine Lötzsch bilden. Ein nicht schlagkräftiges Polit-Duo: Es wäre zu klein, um daraus den Anspruch auf Bildung einer Fraktions-Gruppe abzuleiten. Das geht erst ab dem Gewinn von drei Direktmandaten. Und darauf kann die PDS in Berlin aber keineswegs bauen. Die Partei konzentriert zwei Wochen vor dem Stichtag ihren Wahlkampf vor allem auf die Direktwahlkreise in Berlin: Bundesweit geht die PDS auf Zweitstimmenfang, in der Hauptstadt wird verstärkt Erststimmen-Wahlkampf gemacht.

Laut jüngster Umfrageergebnisse käme die PDS bundesweit auf vier Prozent, so dass ihr Wiedereinzug in den Bundestag davon abhinge, ob sie mindestens drei Direktmandate gewinnt. Nur zwei davon hat die PDS in Berlin relativ sicher: mit Petra Pau den früheren Gysi-Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf, und Lichtenberg-Hohenschönhausen mit Gesine Lötzsch. Alle anderen Ostberliner Wahlkreise schätzt PDS-Landeschef Stefan Liebich aus Zweckoptimismus als „gewinnbar“ ein. Die Stimmung in der PDS schwankt. Ein „bisschen pessimistisch“, sagen Bezirkspolitiker, weil man jetzt alles auf eine Karte setzen müsse. „Die Stimmung ist besser“, macht dagegen Landeschef Liebich aus, der keinen Hehl aus seiner Verärgerung nach dem unerwarteten Rücktritt von Gregor Gysi gemacht hat. Der „Lafontaine-Effekt“ habe der Partei unmittelbar danach geschadet.

Bei der Bundestagswahl 1998 kam die PDS bundesweit auf 5,1 Prozent, doch holten die Sozialisten in Berlin mit Manfred Müller, Christa Luft, Petra Pau und Gregor Gysi vier Direktmandate. Die früheren Hochburgen Friedrichshain/Lichtenberg und Mitte/Prenzlauer Berg, in denen vor vier Jahren Luft und Pau gewannen, gibt es aber nicht mehr. Der „Prenzlberg“ wurde mit Weißensee und Pankow zusammengelegt. Die PDS-Kandidatin Sandra Brunner könnte – das Wahlergebnis 1998 umgerechnet – diesen Wahlkreis mit 32,7 Prozent der Erststimmen gegen den SPD-Kandidaten Wolfgang Thierse mit 36,1 Prozent nicht gewinnen. Die 27-jährige Jurastudentin tritt im Berliner Nordosten gegen das Bart-Trio Thierse, Günter Nooke (CDU) und Werner Schulz (Grüne) an.

Chancen rechnet sich die PDS im Wahlkreis Treptow-Köpenick mit Ernst Welters aus. Die Sozialisten setzen mit dem früheren Köpenicker Jugendstadtrat auf seinen kommunalpolitischen Bekanntheitsgrad. Außerdem soll der Flughafenkritiker Stimmen holen. Nur: Der in Berlin weitgehend unbekannte PDS-Kandidat hat es in einem Stadtgebiet, das von Jahr zu Jahr bürgerlicher wird, gegen die SPD schwer. Schon 1998 zog SPD-Kandidat Siegfried Scheffler am früheren PDS-Parteichef Lothar Bisky vorbei.

Eine Sondersituation hat die PDS im Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg: PDS-Kandidatin Bärbel Grygier und ihr Grünen-Kontrahent Christian Ströbele vertreten ähnliche friedenspolitische Positionen. Grygier ist als frühere Bezirksbürgermeisterin sowohl im Westen als auch im Osten bekannt. Bei Ströbele geht es ums Ganze: Nur das Direktmandat würde seine Rückkehr in den Bundestag sichern. Geht man vom umgerechneten Stimmergebnis 1998 aus, würde der Erststimmenanteil der PDS bei 25,1 und somit hinter dem SPD-Kandidaten Andreas Matthae mit 36,5 Prozent liegen – abgeschlagen Ströbele mit 17,6 Prozent.

Sollten nun alle Stricke in Berlin reißen, vertraut die Partei auf ein drittes Mandat in Ostdeutschland: Roland Claus werden in Halle Chancen eingeräumt, Rosina Neumann in Rostock, Dietmar Bartsch in Schwerin, und auch Rolf Kutzmutz wird als Kandidat in Potsdam genannt.

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