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Berlin: Amerikanische "Beetle" rollen jetzt schon nach Berlin

Ungeduldige Liebhaber haben sich bei "Grauimporteuren" den Käfer-Nachfolger bestellt / Erste private Zulassung Ende der Woche erwartetVON KATJA FÜCHSEL BERLIN.Ein halbes Jahr vor der offiziellen Einführung des Käfer-Nachfolgers greift die amerikanische "Beetlemania" auf Deutschland über: Tausende Berliner strömen in die Autohäuser, um sich schon jetzt für einen "VW-Beetle" vormerken zu lassen.

Ungeduldige Liebhaber haben sich bei "Grauimporteuren" den Käfer-Nachfolger bestellt / Erste private Zulassung Ende der Woche erwartetVON KATJA FÜCHSEL BERLIN.Ein halbes Jahr vor der offiziellen Einführung des Käfer-Nachfolgers greift die amerikanische "Beetlemania" auf Deutschland über: Tausende Berliner strömen in die Autohäuser, um sich schon jetzt für einen "VW-Beetle" vormerken zu lassen.Andere Autofahrer konnten sich nicht mehr gedulden und haben bereits ein amerikanisches und damit erheblich teureres Modell bestellt.Der erste privat zugelassene Beetle soll schon Ende der Woche über Berlins Straßen rollen.Seit der schwarze Beetle bei "Auto-Eicke" vor der Tür steht, erleben die Verkäufer in der Curtiusstraße die "köstlichsten" Szenen: "Die Autofahrer rauschen vorbei, bremsen plötzlich mit quietschenden Reifen, setzen zurück und bleiben dann staunend vor dem Modell stehen." Allerdings begnügten sich die wenigsten mit einem Blick aus der Ferne.Wer sich unter die Menschentraube im Hof mischt, hört die Liebhaber schwärmen: Knuffig, symphatisch, tolle Form...Für sie scheint der Beetle nicht einfach ein Auto, sondern so etwas wie eine neu aufgelegte Jugenderinnerung zu sein."Ständig hört man: Mensch, weißte noch damals, mein erster Wagen", sagt Stig Amthor, Filialleiter von "Auto-Eicke".Der Junior-Chef hat sich bei der Einführung auf dem amerikanischen Markt rechtzeitig vier Käfer-Nachfolger gesichert; einer steht derzeit in einer Filiale in Zossen, ein anderer im Britzer Autohaus-Peterson, der dritte ging laut Amthor an eine Porschewerkstatt.Der Nachschub der vier USA-Vorzeigemodelle rollt bereits an: "Wir haben damals gleich ein größeres Kontingent bestellt - geliefert wird auf Abruf", sagt Amthor.Wer heute bestelle, könne in "vier bis sechs Wochen" mit seinem Beetle vom Hof fahren.Der Großteil der deutschen VW-Händler wird den Beetle planmäßig erst vom 29.November an verkaufen, in Wolfsburg weiß man jedoch von den "Schnellschüssen" einzelner Autohäuser."Wir dulden diese Grauzone", sagt VW-Sprecher Hans-Peter Blechinger.Wirklich geschäftsschädigend dürften sich die Vorabgeschäfte nicht auswirken: Bundesweit hat VW bereits weit über 70 000 unverbindliche Vorbestellungen registriert.Außerdem müssen die Käufer nach den Worten des VW-Sprechers für ein amerikanisches Modell wesentlich tiefer in die Tasche greifen: "Von den Grauimporteuren wird der Beetle statt für 30 000 Mark für 45 000 oder sogar 55 000 Mark angeboten".Filialleiter Amthor kann sich über mangelnde Nachfrage trotzdem nicht beklagen, obwohl er nicht auf große Anzeigen, sondern eher auf "Mundpropaganda" setze."Wir wollen schließlich VW nicht verärgern." Die ungeduldigen Beetle-Kunden beschreibt der Geschäftsmann als "wohlhabene Leute, die mit dem Käfer-Nachfolger Erinnerungen verbinden".Die Unterschiede zwischen dem deutschen Modell und der amerikanischen Ausführung sind nach Amthors Worten eher zu vernachlässigen: "Es gibt keinen Aschenbecher, die Lichtanlage und der Tacho sind anders." Die Nachricht, daß in den Staaten und Kanada kürzlich 10 000 Beetles wegen defekter Stromkabel zurückgerufen worden sind, müsse die deutschen Käufer nicht irritieren.Gegebenenfalls werde dies in der eigenen VW-Werkstatt nachgebessert.Die Erinnerungen scheinen den modernen Nostalgikern nicht nur lieb, sondern eben auch teuer zu sein.Denn unter den Auto-Experten gilt schon der 30 000-Mark-Beetle als ein "ziemlich irrationales und vergleichsweise teures Spaßmobil", in dem konstruktionsbedingt auch zahlreiche jener negativen Eigenschaften steckten, die die Karriere des Originalkäfers einst beendeten: Kein Leichtgewicht, kein vernünftiger Kofferraum, bedrückende Enge auf den hinteren Bänken lautet die Kritik.Zurückhaltende Töne hört man auch vom Käferclub Berlin."Wir sehen dem Beetle eher gelassen entgegen", sagt der Vorsitzende Stefan Kammler.Denn das neue Modell sei einfach zu teuer, um "für uns Puristen" noch ein Volksauto zu sein.Ein Käfer, der in Mexiko vom Band rollt, koste heute rund 18 000 Mark."Das Geld, daß wir beim Beetle sparen, stecken wir lieber ins Original", sagt Kammler.Wer sich am kommenden Donnerstag oder Freitag selbst von den Vor- und Nachteilen des Beetle überzeugen möchte, kann den Sportplatz an der Wilmersdorfer Hubertusallee besuchen: Hier will das "Auto-Eicke" seinen schwarzen Beetle während eines Fußballturniers präsentieren. Der Käfer - das OriginalVorwärts immer, rückwärts nimmer - unter diesem Motto wurde offenbar 1937 die Versuchsflotte von 30 Exemplaren des VW 30 (siehe Foto) auf die Straße geschickt; ließ es sich mit diesen Modellen zwar schon trefflich vorwärts, ohne Fenster und Spiegel aber doch etwas schwierig rückwärts lenken.Heute gilt der VW 30 - Ferdinand Porsche hatte die ersten Versuchswagen schon Anfang der 30er Jahre in der Garage seines Stuttgarter Privathauses zusammengebaut - als der endgültige Beginn der Käfer-Ära.Die ersten Serienwagen rollten dann aber erst zehn Jahre später unter der Regie britischer Besatzungs-Offiziere in Wolfsburg vom Band.Schnell eroberte der in immer größeren Stückzahlen gebaute, ständig modernisierte und in seiner Typenvielfalt regelmäßig erweiterte Käfer nicht nur europäische Exportmärkte, sondern ab 1949 auch die USA.Aus dem Volkswagen wurde ein Welterfolg, der in mehr als 150 Länder exportiert und zunehmend auch im Ausland gebaut wurde.Seit Mitte der 50er Jahre wurde unter anderem in Brasilien montiert, in Portugal, Nigeria, Südafrika, Australien und Thailand montiert.Das Original entwickelte sich zum deutschen Markenzeichen wie die kubanische Zigarre oder die schweizer Uhr.Am 17.Februar 1972 lief der Käfer Nummer 15 007 034 vom Band und stellte den bis dahin bestehenden Produktionsrekord des T-Modells von Ford ein.Es war die Zeit der höchsten Käfer-Produktionszahlen, die bereits 1971 mit täglich 5535 Fahrzeugen ihren Höhepunkt erreichte.1978 wurde die Käfer-Produktion in Deutschland eingestellt und Europa fortan mit Käfern aus Südamerika beliefert.In Mexiko wird der alte, günstige Käfer wohl noch lange das Straßenbild prägen: Rund 50 000 Stück sollen hier bis auf weiteres jedes Jahr vom Band rollen. kf

KATJA FÜCHSEL

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