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Berlin: Amokläufer entschuldigt sich bei Opfern

16-Jähriger war nicht volltrunken. Blutprobe ergab 1,5 Promille. Zahl der Attackierten stieg auf 41

Der Amokläufer vom Hauptbahnhof hat sich indirekt zu den Taten bekannt. Der Anwalt des 16-Jährigen, Herbert Hedrich, entschuldigte sich gestern in der RBB-„Abendschau“ im Namen seines Mandanten bei allen Opfern und deren Angehörigen. Er bedauere die Taten außerordentlich. Der Mandant selbst habe ihn darum gebeten, sagte Hedrich dem Tagesspiegel. Dieser habe sich zu einem möglichst frühen Zeitpunkt entschuldigen wollen, als Geständnis im klassischen Sinn möchte der Anwalt das nicht verstanden wissen. Es sei die Art seines Mandanten, mit der Situation umzugehen.

Der 16-jährige war bei seinen Taten nicht volltrunken. Dieses Ergebnis einer ersten Blutuntersuchung teilte die Justiz gestern mit. „Der gemessene Promille-Wert legt eine deutliche, aber nicht extrem hohe Alkoholisierung nahe“, sagte ein Justizsprecher. Wie es hieß, habe die Blutprobe 1,5 Promille ergeben. Mit einem Gutachten müsse nun geklärt werden, wie der nach der Tat festgestellte Blutalkoholwert zur Tatzeit auf den 16-Jährigen gewirkt habe. Unterdessen ist die Zahl der Opfer auf 41 gestiegen, 33 hatten Stichverletzungen erlitten, acht Prellungen durch Faustschläge oder Ähnliches. Damit haben sich auch zwei Tage nach der Tat noch drei weitere Menschen bei der Polizei gemeldet, die wegen leichterer Verletzungen zunächst kein Krankenhaus aufgesucht hatten. Wie berichtet, hatte der Hauptschüler Frank P. (Name geändert) nach der Eröffnungsfeier für den Hauptbahnhof am Freitagabend wahllos auf Passanten eingestochen. Über das Messer machten Kripo und Justiz auch gestern keine Angaben.

Für Frank P. dürfte das Gutachten große Bedeutung haben. Trotz der Entschuldigung durch den Anwalt leugnet er gegenüber der Polizei die Taten, beruft sich auf eine alkoholbedingte Erinnerungslücke. Da Alkohol bei jedem anders wirkt, soll nun ein Gutachten die persönlichen Umstände untersuchen – Trinkgewohnheiten, Körpergewicht, Nahrungsaufnahme an dem Abend – und daraus ermitteln, wie sich der Alkohol zur Tatzeit ausgewirkt haben könnte. Die Untersuchungen auf Drogen und Medikamente sind noch nicht abgeschlossen.

In der Charité werden noch zwei Patienten stationär behandelt. Wie berichtet, sind alle durch Messer Verletzten weiterhin in Sorge, sich mit dem HIV-Virus angesteckt zu haben. Denn eines der ersten Opfer hatte kurz nach der Tat ausgesagt, mit dem Aids-Virus infiziert zu sein. 37 Opfer und Helfer, die mit Blut Kontakt hatten, bekommen nun Prophylaxe-Medikamente.

Noch sitzt Frank P. in der Jugendstrafanstalt Charlottenburg, eine Verlegung in die Jugend-U-Haft „Haus Kieferngrund“ in Lichtenrade sei aber wahrscheinlich, dies müsse die Anstaltsärztin entscheiden. Nach Kieferngrund werden in der Regel Jugendliche nach wenigen Tagen verlegt; Ausnahmen sind schwer Drogenabhängige. Wie es in Justizkreisen hieß, könne ein mögliches Motiv des Jugendlichen „Todessehnsucht“ sein – die Hoffnung, als Amokläufer von der Polizei erschossen zu werden.

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