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Amoklauf: Wachleute schützen nicht vor Erniedrigungen

Bedrohliche Situationen sind Alltag - gestern gab es allein drei Fälle an einer Schule. Die Polizei setzt vor allem auf Prävention.

Nach dem Amoklauf von Winnenden hat es auch am Donnerstag in einer Berliner Schule in Buch drei kleinere Vorfälle gegeben, auf die Schüler und Polizeibeamte besonders aufmerksam reagiert haben. So hatte ein 13-jähriger Schüler der Hufeland-Hauptschule in der Pause seinen Mitschülern verkündet, dass er wie der Amokläufer von Winnenden um sich schießen werde, sollte er umziehen müssen. Der Hintergrund: „Der Junge lebt in einem Heim. Die Leiter der Einrichtung haben entschieden, dass er nach Norddeutschland umziehen soll“, hieß es bei der Polizei. Die Mitschüler hätten den Vorfall sofort den Lehrern gemeldet, die wiederum die Polizei riefen. Diese rückte mit dem zuständigen Präventionsbeamten an, um ein Gespräch mit dem Jungen zu führen. Am Ende habe sich herausgestellt, dass alles „nur ein Spruch“ war.

Völlig losgelöst von dem Fall habe eine 14-jährige Schülerin an derselben Schule plötzlich wild um sich geschlagen. Die anwesenden Beamten griffen ein und legten ihr zu ihrer eigenen Sicherheit kurzzeitig Handschellen an. Warum das Mädchen so aggressiv wurde, sei noch unklar. Kurz darauf ereignete sich der dritte Vorfall: Wieder waren es Schüler, die dem Lehrpersonal mitteilten, dass ein Mitschüler eine Waffe dabeihabe. Die Polizeibeamten durchsuchten die Sachen des Jungen und fanden lediglich eine Sturmhaube. Warum er diese bei sich hatte, war gestern noch unklar.

Um „gruppendynamische Prozesse und Verhaltensauffälligkeiten Einzelner rechtzeitig zu stoppen“, fordert der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, dass jede Schule mit einem Psychologen und Sozialarbeiter ausgestattet sein müsste. Ein Amoklauf sei die „drastischste Zuspitzung“ von Gewalt. Dagegen gehörten andere Gewaltformen wie Mobbing oder Prügeleien längst zum Alltag der Schüler.

Um insbesondere die Auseinandersetzungen mit Schulfremden zu unterbinden, setzt Neukölln an 16 Schulen des Bezirks seit 2007 private Wachschützer ein. Das Projekt wurde vor zwei Wochen abermals um ein Jahr verlängert. Für den Einsatz des Sicherheitspersonals zahlt der Bezirk jährlich 600 000 Euro. Wie Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) sagte, könne man mit dem Einsatz der Wachleute kaum einen Amoklauf verhindern, wohl aber die Schulen vor der „gewöhnlichen Gewalt“ schützen.

Der DPolG-Chef sieht aber keine Notwendigkeit, flächendeckend an jeder Schule private Wachschützer zu beauftragen. „Das sollte je nach Gefährdungslage geschehen: Bei einer Schule mit speziellen Problemen kann eine Zugangskontrolle sinnvoll sein“, sagte er. Generell könne man die Schulen nicht zu „Hochsicherheitstrakten“ machen. Eine Ausstattung der Eingänge mit Metalldetektoren sei „übertrieben“, schließlich seien Schulen nicht „rundum gefährdete Zonen“. Wichtiger sei eine „vernünftige Präventionsarbeit“. In Berlin sei diese sehr vorbildlich, betonte auch der DPolG-Landeschef, Bodo Pfalzgraf. Es gibt an jedem Abschnitt Präventionsbeauftrage, die regelmäßig an den Schulen sind und mit Lehrern und Schülern zusammenarbeiten.

Auch habe die Polizei seit dem Amoklauf in Erfurt im Jahr 2002 ihre Einsatztrainings für die Beamten verbessert. Eine sogenannte Amoklage werde speziell trainiert. Dabei sei entscheidend, dass die ersten Beamten, die am Ort des Geschehens sind, ein „Kontakt-Team“ bilden, das ausschließlich die Aufgabe hat, schnell zu handeln und den Täter zu stoppen. „Die nachfolgenden Kräfte sollen sich um die Verletzten kümmern“, hieß es. 

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