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Begehrte Wohnungen - farbig gestaltete Plattenbauten an der Berliner Frankfurter Allee im Bezirk Friedrichshain.

© Wolfgang Kumm/dpa

Update

Analyse zum Mietendeckel: Jede dritte Miete in Berlin dürfte abgesenkt werden

Der Wohnungsverband BFW stellt fest, dass jeder dritte seiner Mieter in Berlin ab November die Miete senken darf. Eine Tendenz für die ganze Stadt?

Die im Wohnungsverband BFW organisierten Unternehmen werden bei 31 Prozent der von ihnen bewirtschafteten Berliner Wohnungen ab November dieses Jahren die Mieten um durchschnittlich um 92 Euro pro Monat senken. Dies hat eine Analyse von 35.000 Wohnungen ergeben, teilte der BFW mit.

Im November tritt die zweite Stufe des umstrittenen neuen Berliner Gesetzes zur Regulierung der Mieten im Bestand in Kraft. Laut Mietendeckel müssen Vermieter dann auch bei allen bestehenden Verträgen die Mieten an die staatlich festgelegten Mietobergrenzen anpassen. Bisher galt dies nur nach einem Wechsel des Mieters und einer neuen Vergabe des Objektes.

Analyse der Folgen für 35.000 Wohnungen

Auf den Quadratmeter umgerechnet entspricht die im November bevorstehende Absenkungen einer Entlastung von 1,40 Euro je Monat. Dem Verband zufolge haben die Vermieter bisher die „festgesetzten Mietobergrenzen bei Neuvermietungen flächendeckend eingehalten“.

Allein für die befragten Unternehmen hat das Gesetz bei den 35.000 Wohnungen Einbußen von Mieteinnahmen in Höhe von einer Million Euro monatlich zur Folge. Insgesamt gibt es in Berlin fast zwei Millionen Wohnungen, wobei die nicht vom Gesetz betroffenen Neubauten und selbst genutzte Eigentumsobjekte mitgezählt sind.

Mit 290.000 Wohneinheiten verwalten die Mitgliedsunternehmen des BFW Landesverbands Berlin/Brandenburg rund 18 Prozent des Berliner Mietwohnungsbestands (1,54 Millionen Wohnungen). Laut BFW-Chefin Susanne Klabe ist die Analyse repräsentativ. Ihr lägen die von Mietern und Vermietern anerkannten Daten des Mietspiegels 2019 zugrunde sowie jene aus dem neuen Mietenwohngesetz (Mietendeckel) zu den neuen abgesenkten Mieten.

145 Millionen Euro weniger Investitionen

Ausgleichen wollen die Firmen die geringeren Mieteinnahmen durch die Aussetzung von Investitionen in ihre Wohnhäuser. 70 Prozent der BFW-Unternehmen hätten „für mehr als drei Viertel ihres Wohnungsbestandes geplante Investitionen aufgegeben“ teilte der Verband mit. Ohne den Mietendeckel hätten die befragten Unternehmen durchschnittlich rund 14.300 Euro in jede Wohnung investiert. Jährlich würden „wegen des Mietendeckels“ 145 Millionen Euro weniger investiert. Zugrunde liege her eine "jährliche Sanierungsrate" von 0,8 Prozent, die auch das Bundeswirtschaftsministerium bei seinen Expertisen zugrunde lege. Gut möglich seien allerdings deutlich höhere Ausfälle bei den Investitionen, da im Bestand des BFWs etwa bisher eine vier mal so hohe Sanierungsrate üblich gewesen sei (3,61 Prozent).

BFW-Chefin Susanne Klabe sagte, dieses Besorgnis erregende „belastbare Zahlenmaterial“ werde „von der der Landesregierung ignoriert“. Der Mietendeckel habe „fatale Auswirkungen auf die Wohnungssubstanz und die Arbeitnehmer in der Berliner Bauwirtschaft“, wo die Aufträge ausbleiben werden.

Verband BBU rechnet mit Milliarden-Ausfall binnen fünf Jahren

Auch der mitgliedsstärkste Wohnungsverband der Region BBU rechnet mit hohen Einnahmenverlusten seiner Mitglieder durch die Einführung des Mietendeckels und ebenfalls damit, dass die fehlenden Einnahmen durch den Verzicht auf Investitionen für Modernisierung, Instandhaltung und Neubau ausgeglichen werden müssen: Der BBU rechnete für die ganze fünfjährige Dauer der Gültigkeit des Gesetzes mit Mieteinbußen in Höhe von 1,1 Milliarden, Investitionsverluste von 5,5 Milliarden Euro sowie den Bau von 12.000 Wohnungen weniger als ursprünglich geplant.

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Verlassen können sich die Berliner Mieter allerdings nicht auf die Absenkung ihrer Mieten. Der BFW-Verband ist davon überzeugt, dass das Bundesverfassungsgericht die Sondergesetzgebung Berlins kassieren wird.

Die Zweifel an dessen Vereinbarkeit mit der Verfassung hatten in der vergangenen Woche erst ein Urteil des Bayerischen Landesverfassungsgerichtshof geschürt. Mietrecht sei Bundessache hatten die Richter geurteilt und damit ein Volksbegehren gestoppt, dass in dem Freistaat ebenfalls einen Mietendeckel gefordert hatte.

Denselben Konflikt zwischen der Regulierung des Bundes durch die Mietpreisbremse und dem vom Land eingesetzten Mietendeckel, der die Bundesregulierung gleichsam aussetzt, werden die Richter in Karlsruhe bewerten und schlichten müssen. Einen entsprechenden Antrag aus dem Bundestag von Mitgliedern der CDU- und FDP-Fraktionen haben sie zur Entscheidung angenommen. An das Urteil aus Bayern ist das Bundesverfassungsgericht allerdings nicht gebunden.

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