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Berlin: Angelique Walter: Sie ist Türsteherin und Kickboxerin, wird aber nur böse, "wenn ihr einer total blöd kommt"

Vorsicht, die Frau kann Kickboxen. "Ich wende das auch an, wenn mir einer total blöd kommt", sagt Angelique Walter.

Vorsicht, die Frau kann Kickboxen. "Ich wende das auch an, wenn mir einer total blöd kommt", sagt Angelique Walter. "So einmal im halben Jahr passiert das." Die 24-Jährige ist Türsteherin im Techno-Club Casino in Prenzlauer Berg. Türsteherin? Eine Frau, die sich nachts den Kerlen in den Weg stellt? Eine, die ihnen einen taxierenden Blick zuwirft, und dann ziemlich schnell entscheidet: Du darfst rein und du nicht? So eine Frau muss doch eigentlich groß und bullig sein und breite Schultern haben. Typ Bodyguard. Zierlich ist Angelique nicht - aber auch nicht gerade groß. Superbreite Hosenbeine, Kapuzenshirt, Turnschuhe. Nasen- und Kinnpiercing. Keine Frau zum Fürchten. Und so soll es auch sein. Sie will Raufbolde und Pöbler nicht mit Fäusten, sondern mit Worten kleinkriegen. "Frauen sind ausgeglichener." Das sei nun einmal der Pluspunkt von Türsteherinnen, sagt sie, und fügt noch ein paar imposante Worte aus dem Psychologie-Handbuch hinzu: Deeskalierend wirke das weibliche Geschlecht und aggressionshemmend.

Angelique Walter bringt tagsüber Kindern Tanzen bei und steht Freitag- und Sonnabendnacht vor dem Casino. Ab 23 Uhr begehren die ersten Einlass. Bis ein Uhr ist wenig los. Erst danach rückt die Masse an. "Ausweis", ordnet Angelique an. Die Jugendlichen, die auf erwachsen machen, zucken zusammen oder zücken den Pass. Routiniert, gleiten Angeliques Hände an Jackenärmeln entlang, schütteln Hosenbeine, fummeln in Rucksäcken und Täschchen herum. Keine Waffen und keine Drogen, bitte!

"Wenn man Zwanzigjährige abweist, senken sie den Kopf und traben davon", erzählt Angelique. Ältere sind machmal nicht so friedfertig. Ein Korb von einer Frau, daran hat mancher Mann zu kauen. "Wer bist du, dass du mich abweist", so oder ähnlich lautet der Standardsatz. "Ich bin die, die entscheidet, was gut für uns ist", kontert die Türsteherin dann. Also doch ein Nachteil als Frau? Leute, die Lust auf eine Auseinandersetzung haben, gibt es immer wieder. Vor allem die, die schon besoffen sind, wenn sie vor dem Klub aufkreuzen.

Und was tun gegen die Querulanten? "Ich bin völlig ruhig, ich habe eine andere Coolnessstufe", erklärt Angelique. Bloß nicht provozieren lassen. Immer stehen vier bis sieben Jungs, die tatsächlich aussehen wie Bodyguards, in Rufnähe. Frau redet, Mann rauft. Das gilt für Türsteher wie für Gäste. "Frauen, die ich abweise, sind diskutierfreudiger. Da geht es hart auf hart", sagt Angelique. Die verbalen Auseinandersetzungen gefallen ihr - nachgeben kommt ihr nicht in den Sinn.

Mit 17, 18 ist die begeisterte Gleitschirmfliegerin selbst "gut feiern gegangen". Jetzt tanzt sie vor der Club-Tür zur dröhnenden Techno- und House-Musik und singt mit den Kollegen. Nur, wenn gerade kein Gast zu sehen ist natürlich. In der Drängel- und Schlangenphase geht das nicht, da ist manchmal eine dreiviertel Stunde keine Chance, aufs Klo zu gehen. Machmal steht Angelique 13 Stunden am Stück am Casino-Eingang. Bis mittags um 12, wenn endlich das Durchhaltevermögen des allerletzten Gasts erschöpft ist. Vorschrift ist es nicht, dass sie so lange bleibt, "aber ich gehe lieber ins Bett, wenn ich weiß, es ist alles gut gelaufen".

Helen Ruwald

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