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Berlin: Anklage gegen Gerüstbauer

Sturm hatte das Portal beim Karneval der Kulturen zum Einsturz gebracht. Drei Menschen wurden verletzt

Die Stimmung war vergnügt – bis die Gewitterwolken am Abend aufzogen. Die Sonne hatte den ganzen Pfingstsonntag über dem Karneval der Kulturen – dem Umzug und dem Straßenfest – in Kreuzberg geschienen. Doch gegen 20.30 Uhr wurde es an jenem 8. Juni 2003 schwarz am Himmel. Sturmböen von 100 Kilometern pro Stunde fegten über die Festbesucher hinweg. Am Eingangstor zum Mehringdamm verfing sich der Wind in den Planen: Dem Druck hielt der tonnenschwere Stahlkoloss nicht stand. Um 21.04 Uhr begrub das Gerüst drei Menschen unter sich: Sie kamen mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus.

Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den verantwortlichen Gerüstbauer Uwe T., 48, erhoben. Er soll bei der Planung und Errichtung des Gerüstes „Südamerikator“ übersehen haben, dass das Gerüst aufgrund der vorgesehenen Verkleidung nicht mehr standsicher war. Dadurch sei das Gerüst nicht schwer genug gewesen, um ungünstigen Wetterbedingungen standzuhalten. Dies hätte der Angeschuldigte vorhersehen können, hieß es in der Anklage. Der zuständige Strafrichter beim Amtsgericht Tiergarten prüft nun die Eröffnung des Hauptverfahrens. Die Verfahren gegen zuständige Mitarbeiter des Bezirksamtes sowie gegen die Karnevalsveranstalter wurden eingestellt, „da eine Mitverantwortung am Unfall nicht angenommen werden konnte“, sagte Justizsprecher Michael Grunwald.

Nach dem Unglück wurde das Fest, das noch bis zum Pfingstmontag gefeiert werden sollte, sofort abgesagt. Über eine Woche lagen die Opfer, der 29-jährige Ugur M. und seine Frau Gül aus Neukölln sowie eine 46-jährige Frau aus Charlottenburg, auf der Intensivstation. Längere Zeit schwebten sie in Lebensgefahr.

Trotz der Katastrophe im vergangenen Jahr wird der Karneval der Kulturen in Kreuzberg in diesem Jahr am Pfingstwochenende (28. bis 31. Mai) stattfinden. Dies bestätigte die Veranstalterin Anett Szabo. Allerdings habe man „eine neue Gestaltungsidee“: Riesige Portale und Gerüste zur Dekoration werde es nicht geben. „Das hat vor allem gestalterische Gründe und nicht nur mit dem Unglück vom vergangenen Jahr zu tun“, sagte Szabo. „Wir haben uns immer an die Sicherheitsbestimmungen gehalten“, betonte sie.

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