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Der Berliner Pastor Reinhold Zuber wurde am 4. Juli 2020 in seiner Wohnung in Moabit umgebracht.

© Polizei Berlin

Update

Anklage geht von Raubmord aus: Verdächtige bestreiten Mord an Pastor aus Berlin-Moabit

Der Pastor Reinhold Zuber wurde ausgeraubt, geschlagen und erstickt. Zwei Männer sollen den 77-Jährigen aus Habgier ermordet haben, nun stehen sie vor Gericht.

Ein rätselhafter Mann war er wohl, der Pastor aus einer Parterrewohnung in einem herrschaftlichen Altbau in der Moabiter Thomasiusstraße. Reinhold Zuber galt als herzlich und zugewandt, doch Genaues wusste kaum jemand im Kiez über ihn. Als er Anfang Juli seit Tagen nicht gesehen worden war, alarmierten Nachbarn die Polizei. Der 77 Jahre alte Mann lag tot in seiner Wohnung. Das Verbrechen schockierte. Es war ein Mord aus Sicht der Anklage. Zwei 21- und 24-Jährige stehen seit Donnerstag vor dem Landgericht.

Cristian-Cosmin C., der ältere der beiden Angeklagten, hüllte sich in Schweigen. Vandam G., der Jüngere, ließ über seine Verteidiger eine Erklärung verlesen. „Ich habe Reinhold Zuber nicht getötet, ich bin unschuldig“, beteuerte der 21-Jährige.

Er sei am 30. Juni 2020 mit dem Senior mitgegangen - als Sexarbeiter. Er habe manchmal so etwas für die Familie dazuverdient. Sie hätten sich auf 80 Euro geeinigt und seien im Taxi zur Wohnung des Herrn gefahren. Es sei zu sexuellen Handlungen gekommen. Nach einer Stunde habe er die Wohnung verlassen und den Mann nie mehr gesehen, so G. Am 1. Juli sei er mit seiner Familie nach Rumänien abgereist, um eine Tante zu besuchen.

Zuber wurde laut Anklage am 30. Juni oder am 1. Juli ermordet. Der 24-jährige C. habe eine intime Beziehung zu dem 77-Jährigen unterhalten. Er soll Vandam G. und einen bislang unbekannten Mittäter berichtet haben, dass Zuber vermögend sei und bei ihn lohnenswerte Beute zu finden sei.

C. habe den Komplizen schließlich Einlass in die Wohnung verschafft. G. soll laut Anklage sofort mit Gewalt gegen das Opfer vorgegangen sein. Zuber sei geschlagen und getreten worden. G. und der dritte Komplize hätten das Opfer „aufgrund eines spontanen Tatentschlusses mit einem Kissen erstickt“, heißt es weiter in der Anklage. Dies habe der 24-jährige C. „bewusst billigend in Kauf genommen“. Während des tödlichen Angriffs habe C. im Flur Verstecke von Wertgegenständen gesucht – „wozu er auch Teppiche entfernte und dort befindliche Bodenplatten herausbrach“.

Verdacht auf Raubmord an dem 77-Jährigen

Von einem Mord aus Habgier und zur Verdeckung einer anderen Straftat gehen die Ermittler aus. Die mutmaßlichen Täter hätten sich nach dem Verbrechen in ihr Heimatland Rumänien abgesetzt. Dort wurden sie im August beziehungsweise September gefasst.

War es tatsächlich ein Raubmord? Einer der Verteidiger sagte am Rande, als man die Leiche fand, hätten mehrere 100-Euro-Scheine auf einem Tisch gelegen. Der Aktenlage zufolge seien auch keine Wertgegenstände geraubt worden. Das Gericht erteilte bereits einen rechtlichen Hinweis, dass im Falle einer Verurteilung auch ein Schuldspruch wegen Totschlags in Betracht komme.
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Viele Fragen sind offen – auch im Zusammenhang mit der Person des Pastors. Er trug einen Talar auf einem Foto, das die Polizei nach der Tat mit der Bitte um Hinweise veröffentlicht hatte. Es hieß, Zuber sei evangelischer Pfarrer gewesen. Doch in welcher Gemeinde war er tätig?

„Alle kannten ihn, ohne ihn zu kennen“

Eine Pressesprecherin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sagte, Zuber sei bei der Landeskirche nicht bekannt. Er sei kein landeskirchlicher Pfarrer gewesen. Der Staatsanwalt erklärte am Rande, Zuber sei früher als Pastor tätig gewesen.

Und Fragen wirft auch ein Schild an Zubers Briefkasten auf. Darauf war zu lesen: „AIDS Projekt Begegnungsstätte Tiergarten“. Anfragen bei der Berliner Aids-Hilfe e.V. ergaben: Auch bei der Aids-Hilfe oder der Berliner Aids-Seelsorge kenne man den Mann nicht und auch nicht eine Begegnungsstätte Tiergarten.

Bestätigt wurde, dass Reinhold Zuber einst als Stadtmissionar tätig war. Von 1973 bis 1983 habe er in der Stadtmissionsgemeinde in Schöneberg gearbeitet, die Anfang der 1990er Jahre aufgelöst wurde. Mit Tränen in den Augen sagte eine Frau nach dem Tod des Pastors dem Tagesspiegel: „Alle kannten ihn, ohne ihn zu kennen.“ Für den Prozess sind 16 weitere Verhandlungstage bis zum 24. Juni geplant.

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