zum Hauptinhalt

Berlin: Annette Fugmann-Heesing fordert eine Spezialisierung der Unis und eine Umschichtung von Studienplätzen zu den Fachhochschulen

Die Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Annette Fugmann-Heesing, hält es für notwendig, Studienplätze von den Universitäten zu Gunsten der Fachhochschulen umzuschichten. Nur so könne der Wissenschaftsstandort Berlin auf der Basis von 85 000 Studienplätzen weiter entwickelt werden.

Die Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses, Annette Fugmann-Heesing, hält es für notwendig, Studienplätze von den Universitäten zu Gunsten der Fachhochschulen umzuschichten. Nur so könne der Wissenschaftsstandort Berlin auf der Basis von 85 000 Studienplätzen weiter entwickelt werden. In einem Gespräch mit dem Tagesspiegel nannte die SPD-Politikerin ein Beispiel: "Das Budget für die medizinische Ausbildung ist im Vergleich zu den Gesamtausgaben im Hochschulbereich zu hoch. Hier gibt es Möglichkeiten des Abbaus".

Die frühere Finanzsenatorin wollte aber weder sagen, in welcher Größenordnung eine Umschichtung aus ihrer Sicht sinnvoll sei, noch ob im Zuge eines Abbaus von Medizinstudienplätzen ein Universitäts-Klinikum in ein städtisches Krankenhaus umgewandelt werden müsse.

"Es muss genau geprüft werden, in welcher Weise die Plätze abgebaut werden können und wie viele Universitäts-Betten dafür gebraucht werden. Dann kann man Antwort darauf geben." Die Politik sollte ihre Strukturempfehlungen in dieser Frage aber kurzfristig abgeben. Dies werde zwar noch keine Rolle für den Haushalt 2001 spielen, aber für die Hochschulverträge vom Jahr 2003 an, über die schon bald neu verhandelt wird.

Nach Ansicht von Fugmann-Heesing hat der Wissenschaftsrat mit seinen Empfehlungen, die er in der vergangenen Woche vorgelegt hat, Chancen für die Berliner Hochschullandschaft aufgezeigt - "und zwar innerhalb des Budgets, das wir haben". Aus den Empfehlungen sei auch erkennbar, dass die Hochschulen ihre Chancen nicht im vollen Umfang genutzt hätten. Darüber müsse die Politik jetzt zügig und vorbehaltlos diskutieren, Konsequenzen ziehen und diese gegenüber den Hochschulen gemeinsam vertreten.

Die bisherigen Hochschulverträge bezeichnete die Ausschussvorsitzende in dem Gespräch als wegweisend für Deutschland. Nun müsse die Politik neben quantitativen Zielen, wie die Erhaltung von 85 000 Studienplätzen, auch qualitative Ziele formulieren und diese in die Hochulverträge aufnehmen. Dass die Finanzzusagen in den Verträgen wegen der wachsenden Pensionslasten für die Hochschulen im Westteil der Stadt um 23 Millionen Mark aufgestockt werden müssten, wenn es nicht zu einem Verlust von Studienplätzen kommen soll - dafür sieht Fugmann-Heesing keine Chancen.

Eine Verbindung der 85 000 Studienplätze mit den Investitionen für den Hochschulbau in Berlin, wie sie der Wissenschaftsrat sieht, steht für Fugmann-Heesing nicht im Vordergrund. Eine Aufstockung der jährlichen Raten für den Hochschulbau in Berlin auf 250 Millionen Mark und verbunden damit eine Rücknahme der diesjährigen Sparauflagen im Hochschulbau, sieht sie angesichts der Haushaltslage als unwahrscheinlich an.

Die Empfehlung des Wissenschaftsrates, dass die Technische Universität sich mehr auf die Natur- und Ingenieurwissenschaften konzentrieren soll, hält die SPD-Politikerin für sinnvoll. Die Technische Universität einerseits sowie Humboldt-Universität und Freie Universität anderseits müssten sich stärker profilieren und sich so insgesamt besser ergänzen. Die drei Universitäten würden zwar weiterhin um Budgets konkurrieren, müssten sich aber als Teile eines Ganzen verstehen. "Eine Vision wäre eine gemeinsame Berliner Universität mit verschiedenen Standorten und Schwerpunkten. Aber heute sind wir noch nicht soweit", sagt die ehemalige Senatorin.

Der Ausbau des Wissenschafts- und Technologieparks in Adlershof und Buch sollte nach Ansicht der Ausschussvorsitzenden als Schwerpunkt aufrechterhalten werden - selbst wenn andere Bauinvestitionen für die Hochschulen in Berlin darunter leiden müssten. Den Vorwurf, der vor allem aus der Freien Universität zu hören ist, hier werde der Aufbau Ost überstrapaziert, ließ Fugmann-Heesing nicht gelten, weil die Stadt heute als Ganzes gesehen werden müsse. "Diesen Stand sollten wir nach zehn Jahren Einheit erreicht haben".

Adlershof biete die Chance, die Kooperation von HU und FU auszubauen. Abgrenzungstendenzen der Universitäten gegeneinander müssten abgebaut werden. Was die Profilierung betrifft, so hält Frau Fugmann-Heesing angesichts der Osterweiterung der EU eine verstärkte Konzentration auf Ost- und Mitteleuropa für sinnvoll. "Dies sollte nicht allein dem Ost-Europa-Institut der FU überlassen bleiben." Besonders die Humboldt-Universität sollte ihr Potenzial nutzen und ausbauen.

Den Vorschlag des Wissenschaftsrates, einen Landeshochschulrat einzurichten, hält Frau Fugmann-Heesing für einen "interessanten und prüfenswerten Ansatz". Allerdings sollten dort, anders als vom Wissenschaftsrat empfohlen, durchaus auch Berliner Persönlichkeiten aufgenommen werden, "um einen besseren Informationsfluss in die Hochschulen und Parlamente hinein herzustellen".

Annette Fugmann-Heesing hält es für eine Illusion, dass die Wissenschaft in Berlin mit mehr Geld als bisher ausgestattet werden könnte. Angesichts der notwendigen Haushaltskonsolidierung sei eine politische Priorität für Wissenschaft und Forschung bereits dann gegeben, wenn in diesem Ressort nicht weiter gespart würde. "Aber selbst das ist nicht sicher."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false