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Berlin: Ans Herz

Gerd Nowakowski versucht zu begreifen, was nicht zu verstehen ist

Die Schaukel vor dem Heim, auf der Amani häufig gesessen haben wird, ist leer, ihre kleinen Freundinnen sind verstört. Nicht weit entfernt von jenem Ort, wo die Achtjährige ihre letzten Wochen verbrachte, liegen Blumen auf der Bank, wo das Mädchen starb. Ein Kind ermordet am hellen Tag, in einem belebten Park, im bürgerlichen Schmargendorf. Kein Ort ist gefeit, das wissen wir; Morde können überall geschehen. Verbrechen, so hieß es gestern in der Kirche unweit des Tatorts, sind ein Teil des Lebens. So richtig das ist, trösten vermag es nicht, und akzeptieren will das erst recht niemand. Nicht bei einem Mord an einem Kind. An all jene Bluttaten, die täglich in Berlin geschehen, haben wir uns gewöhnt. Sie gehören zum Alltag der Großstadt. Doch der furchtbare Tod eines Kindes, in der Frühlingssonne seines Lebens, berührt unser Herz. Was ist das Zahlenwerk einer Kriminalitätsstatistik wert, die uns sinkende Deliktzahlen meldet, angesichts des Schicksals der achtjährigen Amani, angesichts des Todes der 14-jährigen Kristina, die lebendig verbrannt wurde. Bei solchen Taten hält die Stadt gleichsam den Atem an, in Neukölln und in Schmargendorf. Und leidet und trauert gemeinsam. Wenn eine Tat unfassbar ist, wollen wir Aufklärung. Verstehen aber, so ist zu befürchten, werden wir niemals.

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