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Antisemitismus: Zentralrat vermisst zivile Solidarität

Nach dem antisemitischen Anschlag auf die Kindertagesstätte Gan-Israel in Berlin hat der Zentralrat der Juden in Deutschland eine "nationale Sicherheitsstrategie" gefordert.

Berlin - "Wir reichen Ihnen die Hand, wenn wir nach neuen Konzepten suchen", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, bei einer Solidaritätsveranstaltung an die Adresse zahlreicher Politiker. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag vom vergangenen Wochenende.

Jeder Anschlag auf eine jüdische Einrichtung ist ein Anschlag auf unsere Demokratie", schrieb Merkel dem Rabbiner Yehuda Teichtal von der orthodoxen jüdischen Gruppierung Chabad Lubawitsch, der die Kita gehört. Die Sicherheitsbehörden würden alles unternehmen, um die Täter festzunehmen. "Für die lebendige und wachsende jüdische Gemeinschaft in Deutschland und in dieser Stadt werden wir heute und in Zukunft gemeinsam Sorge tragen", betonte Merkel.

Täter vermutlich Neonazis

Auch die katholische Kirche, die israelische Botschaft und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen verurteilten den Anschlag. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel will die Kita an diesem Freitag besuchen.

Vermutlich Neonazis hatten dort am vergangenen Wochenende Wände mit Hakenkreuzen sowie antisemitischen Parolen beschmiert und eine Rauchbombe in das Gebäude geworfen. So etwas hatte es nach Angaben der Jüdischen Gemeinde seit Jahren nicht mehr in Berlin gegeben. Seit dem Anschlag steht die Einrichtung unter verstärktem Polizeischutz. Von den Tätern haben die Behörden noch keine Spur.

Kaum solidarische Signale aus Gesellschaft

Zu den Gästen des Toleranz- und Solidaritätsgebets in die Chabad- Synagoge in Berlin zählten Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Staatsministerin im Kanzleramt, Hildegard Müller (CDU), Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD), die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth, der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sowie Vertreter des diplomatischen Corps.

"Wir haben uns über die solidarischen Reaktionen aus der Politik gefreut", sagte Kramer. "Aber wo waren die Signale aus der Zivilgesellschaft?" Ihr Ausbleiben habe den Zentralrat beunruhigt. Denn jeder Einzelne in der Gesellschaft müsse Verantwortung für Freiheit und Demokratie übernehmen, appellierte Kramer. Der Antisemitismus in Deutschland sei nicht stärker als in anderen europäischen Staaten. "Aber in Deutschland ist es etwas anderes, weil hier der Holocaust erdacht wurde."

Schäuble sagte dazu, die Zivilgesellschaft sei in ihrer großen Mehrheit mit den Juden solidarisch. "Sie muss nur manchmal etwas erinnert werden", sagte der CDU-Politiker.

(tso/dpa)

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