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Aufgehübscht. Am Sozialpalast wurde die von Schüsseln übersäte Fassade durch ein Kunstprojekt bunt gestaltet – mit Überziehern. Foto: ddp / Gottschalk

© ddp

Anwalt gegen hässliche Antennen: Die Schüssel muss weg

Sie sind hässlich und beschädigen bei der Montage Fenster und Fassaden. Meist gütlich und im Notfall auch per Klage befreit ein Steglitzer Anwalt Häuser von Parabolantennen - mit Erfolg, da der Fortschritt der Technik die Schüsseln überflüssig macht.

Von Fatina Keilani

Schön findet sie keiner, aber fast alle nehmen sie hin, die zahllosen Satellitenschüsseln an Berliner Fassaden. Einer nicht: Der Steglitzer Rechtsanwalt Frank Auffermann hat ihnen den Kampf angesagt. 150 Stück hat er schon wegbekommen, ohne klagen zu müssen, in 50 Fällen ging es nicht ohne Richter, so dass er nun 50 obsiegende Urteile in der Hand hat. Weitere 130 Verfahren sind rechtshängig.

Geht das denn einfach so? Ist das Recht auf Zugang zu Informationen, auch für Ausländer zu ihren Heimatsendern, nicht von hohem Wert? Denn speziell in Vierteln mit großem Ausländeranteil häufen sich die Schüsseln an den Fassaden. „Es ist ganz einfach so: Man braucht keine Parabolantenne mehr“, sagt Frank Auffermann. „Ausländische Sender bekommt man heute auch über den Kabelanschluss.“ Außerdem gebe es IP-Fernsehen, Internet-TV und spezielle Receiver, die über das Internet 350 Programme aus aller Welt auf den heimischen Fernseher holten, ebenso wie Flachantennen, die fast unsichtbar anzubringen sind.

Der Fortschritt der Technik hat auch die Rechtslage verändert – wer heute vor Gericht auf seiner Schüssel besteht, verliert. Das war jahrelang anders. Das Bundesverfassungsgericht attestierte sogar ein „Ausländerprivileg“ wegen des Rechts auf Informationsfreiheit.

Auffermanns Mission begann Ende 2008. Der Anwalt, der auch eine Hausverwaltung betreibt, hatte ständig Schäden an Fenstern und Fassaden, weil die Mieter für die Anbringung ihrer Satellitenschüsseln Löcher in Fensterrahmen und Fassaden bohrten. Es laufe Wasser in die Wände, bei Frost entstünden Risse, bei wärmeren Temperaturen Schimmel, sagt er und suchte Wege, die Schüsseln loszuwerden. Der Mann ist kein aggressiver Typ. Er findet die Dinger einfach „optisch untragbar“, und das, zusammen mit den entstehenden Schäden, ist der Grund, weshalb er sie loswerden will. Erst versucht er es auf gütlichem Wege – meist mit Erfolg. „Ich gehe hin und sage: Ich will die Schüsseln weg haben, wir legen hier Kabelanschluss. 80 Prozent der Mieter sind einverstanden, die restlichen müssen wir dann verklagen.“

Ein anderer Anwalt, der traditionell auf Mieterseite seht, sieht das kritisch: „Wahrscheinlich tritt er entsprechend massiv auf, und die Mieter sind Ausländer, die ihre Rechte nicht kennen“, vermutet Hartmann Vetter, 30 Jahre lang Chef des Berliner Mietervereins. „Wenn ein Rechtsanwalt so was durchzusetzen versucht, kann das als schikanös empfunden werden.“ Außerdem sei Kabelanschluss viel teurer. Das ist zwar nach neuerer Rechtsprechung vom Mieter hinzunehmen, Vetter findet es aber unnötig. „Wir haben den Kabelanschluss gekündigt und eine Satellitenschüssel fürs ganze Haus auf dem Dach angebracht. Das spart 1500 Euro im Jahr, und die Schüssel ist von der Straße aus nicht zu sehen.“

Wenn schon Schüssel, dann mit Stil: An Berlins bekanntestem Sozialbau in der Pallasstraße in Schöneberg hängen zwar massenhaft Parabolantennen, aber dank eines Kunstprojekts sehen die jetzt besser aus. Der Künstler Daniel Knipping verschönerte sie nämlich mit maßgeschneiderten Überziehern. „Darüber bin ich froh, denn gegen die Schüsseln vorzugehen, bringt nur Ärger, und den will ich nicht haben“, sagt Klaus-Peter Fritsch, Geschäftsführer der „Pallasseum Wohnbauten KG“. Er habe deshalb 30 Prozent der Kosten für die maßgeschneiderten Überzieher übernommen: Stückpreis 150 bis 180 Euro. Den Rest zahlte das Quartiersmanagement. Es hat trotzdem viel Mühe gekostet, die einzelnen Mietparteien zum Mitmachen zu bewegen. Deren Hauptsorge war, dass ihr Fernsehempfang gestört sein könnte.

Anwalt Frank Auffermann macht derweil weiter. Seine Erfolge sprachen sich herum, auch andere Hauseigentümer beauftragten ihn. „Manche Mandanten haben für 30 Wohnobjekte jährliche Schäden von 300 000 bis 400 000 Euro“, sagt er. Einen anderen Trend hat Auffermann auch schon festgestellt: Selbst Türken stören sich zunehmend daran, wenn viele Schüsseln an einer Fassade hängen. Sie wollen ja nicht in ein Getto ziehen.

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