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Berlin: Arbeitskampf beim DGB: Kündigung ist unwirksam

Entlassene Referentin Esther Dischereit gewinnt Prozess gegen Gewerkschaft Richter bemängeln, dass der Betriebsrat nicht einbezogen wurde

Der DGB Berlin Brandenburg muss seine Kulturreferentin Esther Dischereit wieder einstellen. Die 48. Kammer des Berliner Arbeitsgerichts gab der Schriftstellerin in ihrer Klage gegen die Kündigung im Juni 2006 gestern recht. Das Gericht bemängelte in der Verhandlung vor allem Ungereimtheiten des Kündigungsverfahrens.

Der Dachverband der Berliner Gewerkschaften hatte die Kündigung damit begründet, dass er seine Kultur- und Antirassismusarbeit einstelle. Damit falle der Arbeitsplatz von Frau Dischereit weg. Dies aber bezweifelte das Gericht. Wie der Anwalt von Frau Dischereit, Meinhard Starostik, sagte, ist der Betriebsrat zur Kündigung nicht rechtzeitig gehört worden. Darüber hinaus verwies er auf die Unstimmigkeit der Kündigungsbegründung: Andere Mitarbeiter des DGB hätten die Arbeiten von Frau Dischereit nach ihrer Kündigung fortgeführt. Die von ihr betreute Antirassismuswebsite etwa werde weiter gepflegt. Der Vorsitzende des Betriebsrates, Daniel Wucherpfennig, vermutet, dass dem DGB die Kulturarbeit von Esther Dischereit zu gewerkschaftskritisch war. So hatte sie zum Beispiel die Anpassung der Gewerkschaften an die NSDAP am 1. Mai 1933 in einer Ausstellung deutlich kritisiert.

Die Anwälte des DGB, Wolfgang Baumgarten und Uwe Bauers, hatten hingegen erklärt, die kulturellen Aktivitäten des DGB Berlin Brandenburg würden lediglich in geringerem Umfang weiterbetrieben. Die über die normalen Aktivitäten der Gewerkschaften weit hinausgehenden Konzepte von Frau Dischereit würden nicht weiter verfolgt.

Auch einem weiteren Argument der DGB-Anwälte gab das Gericht nicht nach. Sie hatten geltend gemacht, die Berichterstattung verschiedener Medien und die heftigen Proteste gegen die Einstellung der Kultur- und Antirassismusarbeit sowie die Kündigung der deutsch-jüdischen Schriftstellerin wären von ihr selbst gesteuert und initiiert worden. Damit sei das Arbeitsverhältnis als zerrüttet anzusehen und eine Auflösung des Arbeitsvertrages unausweichlich gewesen. Das Gericht setzte dem entgegen, der DGB könne eine initiierende Rolle der Schriftstellerin nicht nachweisen.

Die Anwälte des DGB äußerten noch während der Gerichtsverhandlung, dass sie Esther Dischereit, wenn das Gericht ihre Wiedereinstellung verlange, wieder kündigen werden – diesmal unter Beachtung aller rechtlichen Vorschriften. Der Anwalt Dischereits erklärte dazu, er glaube daran noch nicht. Die Einleitung eines neuen Kündigungsverfahrens werde sich aber auf jeden Fall bis ins kommende Jahr hinziehen.

Martin Jander

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