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Arbeitslosigkeit: „Der Staat ist leider leicht zu betrügen“

Was die Arbeitsagentur gegen Missbrauch tut. Interview mit Kurt Eikemeier, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

In Berlin stehen derzeit zwei Männer vor Gericht, die im Luxus gelebt und dennoch staatliche Unterstützung kassiert haben sollen. Der eine besaß zwei Motoryachten und diverse Fahrzeuge, beide sollen in den Jahren von 2002 bis 2004 gemeinsam einen profitablen Autohandel betrieben haben. Das Arbeitsamt hat nichts gemerkt und weiter gezahlt. Warum ein solcher Betrug möglich ist, erklärt der Sprecher der Agentur für Arbeit, Kurt Eikemeier.

Wie konnte der Arbeitsagentur der Wohlstand der Männer verborgen bleiben? Bekommt jeder Geld vom Staat, der behauptet, er sei pleite – ohne Prüfung?

Es ist leider wirklich nicht schwer, den Staat zu betrügen, besonders bei Sachvermögen. Eine Yacht kann man sehr gut unterschlagen. Es werden zwar Angaben überprüft, aber die Mitarbeiter in den Jobcentern können nicht alles checken – dafür fehlen einfach die Leute. Also bleibt es bei Stichproben. Manche fliegen auch auf, weil sie sich selbst verraten – etwa mit einem dicken Auto vorfahren.

Neuerdings können Sie den Antragstellern immerhin aufs Konto blicken.

Jedenfalls auf die Konten in Deutschland. Wir überprüfen die aber nur im Verdachtsfalle, aus Datenschutzgründen. Ein Schweizer Konto mit dickem Plus würden wir nicht sehen.

Ein Auto darf man auch haben, auf Staatskosten?

Ein Auto im Wert bis 7500 Euro darf man behalten, es muss also nicht als Vermögen eingesetzt und verwertet werden. Für die laufenden Kosten muss aber jeder selbst aufkommen.

Ob man in der Großstadt lebt, wo man kein Auto braucht, oder auf dem Land macht keinen Unterschied?

Nein. Das würde gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoßen.

Der Fall spielt in den Jahren 2002 bis 2004 – damals waren Arbeitslosen- und Sozialhilfe noch nicht zusammengelegt. Wäre ein solcher Betrug heute so noch möglich?

Leider ja. Man muss aber auch an eines denken: Es gibt eine Pflicht, wahre Angaben zu machen, und wer das nicht tut, macht sich strafbar. Und er schädigt alle anderen Bürger, denn schließlich geht es um Steuergeld. Und eines möchte ich noch deutlich sagen: Die allermeisten der sieben Millionen Menschen mit Arbeitslosengeld II haben dieses Geld bitter, bitter nötig.

Das Gespräch führte Fatina Keilani.

Kurt Eikemeier ist 43 Jahre alt und Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Derzeit beziehen in Deutschland rund sieben Millionen Menschen Arbeitslosengeld II.

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