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Architektur: Ausgrabungen an U 5 kosten Millionen

Experten diskutieren beim Tagesspiegel-Architekturgespräch über Sinn oder Unsinn der Denkmalpflege.

Überall im Zentrum wird gebaut, und fast überall stößt man dabei auf historische Reste, die von Archäologen gesichert werden. Was bedeutsam ist für die Stadtgeschichte, kommt die Bauherren oft teuer zu stehen, denn sie müssen die Ausgrabungen bezahlen. „Denkmalpflege – Lust oder Last der Stadtentwicklung“ war das Thema des jüngsten Stadtgespräches, zu dem Tagesspiegel und Architektenkammer am Dienstagabend in die Urania geladen hatten.

Meist ist die Vorgeschichte der Grundstücke den Behörden bekannt, sind die Funde keine Überraschung. Kritiker werfen den Behörden deshalb vor, aus Kostengründen mit den Ausgrabungen auf deren Neubebauung zu warten. „Wer ein Grundstück im mittelalterlichen Zentrum Berlins kauft und nicht ortsfremd ist, weiß, worauf der sich einlässt“, sagte Manfred Kühne, Leiter der Abteilung Städtebau und Projekte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in der Diskussion, die vom leitenden Tagesspiegel-Redakteur Gerd Nowakowski moderiert wurde. Nach dem Krieg war das Stadtzentrum zwar völlig abgeräumt worden, doch hat man damals auf eine Tiefenenttrümmerung verzichtet, sagt Hubert Staroste, Abteilungsleiter im Landesdenkmalamt. Deshalb entdecke man heute immer wieder Reste, die bis ins Mittelalter zurückreichen.

So muss die BVG für die Verlängerung der U5 vom Brandenburger Tor bis zum Roten Rathaus zusätzlich sieben Millionen Euro für so genannte Rettungsgrabungen ausgeben, sagte der Infrastrukturdirektor des Verkehrsbetriebs, Ralf Baumann. Weil vor dem heutigen Rathaus Fundamente seines Vorgängers gefunden wurden, muss auf den Ausgang zum Nikolaiviertel verzichtet werden, obwohl hier die stärkste Nutzung erwartet wurde. Ein Teil der Überreste des alten Rathauses muss trotzdem weichen, weil es keine Alternative zum Verlauf des Tunnels gibt. Der Rest des Fundaments soll in einem unterirdischen Ausstellungsraum gezeigt werden, dessen Finanzierung allerdings noch nicht gesichert ist. Obwohl Staroste die „sehr fruchtbare Zusammenarbeit“ mit der BVG lobte, gibt es auch Knackpunkte. Die Archäologen hätten auf Kosten des Verkehrsbetriebes gern die benachbarten Fundamente der Gerichtslaube mit untersucht, sagte Baumann. Doch das habe man abgelehnt. Zudem stehen die Forscher unter Zeitdruck, weil ab März die Tunnelröhre gebohrt wird: „Alles, was sich in den Weg stellt, ist unwiederbringlich verloren.“

Gernot Moegelin, Geschäftsführer der KapHag-Firmengruppe, hat die Erfahrung gemacht, dass Kommunen gern mehr von den Investoren wollen, als diese nach gesetzlicher Verpflichtung leisten müssen. Zudem könnten die Dinge schneller gehen, sagte er mit Blick auf die Hotelbaustelle seines Unternehmens, auf der Reste des bislang ältesten Hauses Berlins entdeckt wurden. Das könne kritisch werden, wenn der Winter naht. Nach der Freigabe entsprechender Mittel werde jetzt versucht, Grabungen zunehmend bereits im Vorfeld vorzunehmen, sagte Manfred Kühne.

Generell freuen sich Archäologen und Denkmalschützer über ein wachsendes Interesse der Öffentlichkeit. Dem will man mit der geplanten Einrichtung eines archäologischen Pfades durch die Stadtmitte und dem Bau eines archäologischen Museums am Petriplatz gerecht werden.

Ab wann ein Fund als historisch zu werten ist, blieb umstritten. Es muss nicht immer erst im Mittelalter sein. „Berlin ist gerade im 20. Jahrhundert Brennpunkt historischer Ereignisse gewesen“, gab Staroste zu bedenken. So sucht man gegenwärtig auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof nach den Überresten eines Zwangsarbeiterlagers aus den 1930er Jahren. Auch der Keller des ausgebombten Kaufhauses am Petriplatz mit der geschmolzenen Modeschmuckkollektion des Jahres 1945 könnte bewahrenswert sein so wie die samt Fluchttunnel freigelegten Keller der nach dem Mauerbau abgerissenen Wohnhäuser an der Bernauer Straße.

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