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Berlin: Armut in Berlin: Zahlen und Fakten zur Armut

Wann ist man arm?Eine vom Gesetzgeber festgelegte Armutsgrenze gibt es nicht.

Wann ist man arm?

Eine vom Gesetzgeber festgelegte Armutsgrenze gibt es nicht. Stattdessen kursieren mehrere Definitionen. Der Streit darüber, wer nach welcher Definition als arm gilt, verhindert konkrete Schritte, sagt Ruth Keseberg-Alt, Referentin für Soziales beim Caritas-Verband für das Erzbistum Berlin.

1984 einigte sich die EU darauf, als arm zu bezeichnen, wer unter 50 Prozent des Landes-Durchschnittseinkommens verdient. Schwammig ist diese Definition deshalb, weil niemand immer im Kopf haben kann, wer wieviel durchschnittlich verdient. Auskunft darüber erteilt das Statistische Landesamt. Danach liegt das "mittlere Nettoeinkommen" einer Berliner Familie mit drei Kindern bei 3700 Mark. Hat sie weniger als 1850 Mark, gilt sie gemäß der EU-Definition als arm. Alleinstehende in Berlin verdienen durchschnittlich 2300 netto. Arm sind Singles also mit weniger als 1150 Mark.

Häufig wird auch geäußert, dass arm sei, wer unter dem Sozialhilfesatz verdient. Das ist zu eng gefasst, weil auch Verdiener, die mit ihrem Einkommen knapp über dem Regelsatz liegen, schon durch die geringste Erschütterung, zum Beispiel durch eine Mieterhöhung oder ein weiteres Kind, ebenfalls zum Sozialfall werden können. Auf diese Weise sind 25 Prozent aller Deutschen armutsgefährdet, gibt Ruth Keseberg-Alt an.

Staatliche Unterstützung

Sozialhilfe wird gewährt, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln (Einkommen, Vermögen) zu bestreiten. Von Bundesland zu Bundesland ist die Höhe von Sozialhilfe unterschiedlich. Ein vereinfachtes Beispiel für eine alleinerziehende Mutter: Der Regelsatz für sie als Haushaltsvorstand liegt bei 550 Mark. Die Wohnungsmiete von 720 Mark wird ebenfalls übernommen. Für die Alleinerziehung erhält die Mutter 220 Mark. Für das Kind gibt es 303 Mark. Abgezogen werden Kindergeld (250 Mark) und Unterhalt (220 Mark). Die Soziahilfe beträgt 1323 Mark. Strom, Telefon und TV-Gebühren sind ermäßigt. "Langlebige Gegenstände" wie Staubsauger, die über 60 Mark kosten, schafft das Amt an, so sie denn bewilligt werden. Alles, was unter 30 Mark kostet, wie Handtücher oder Kaffeetassen, bezahlt der Sozialhilfeempfänger selber. Zwei Mal im Jahr gibt es Geld für Kleidung. Für Frauen insgesamt 662 Mark, für Männer 539 Mark.

Arbeitslosengeld erhält, wer innerhalb der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung 360 Tage versicherungspflichtig beschäftigt war. Die Höhe der Unterstützung richtet sich nach dem letzten Nettoentgelt. Davon werden 60 Prozent als Arbeitslosengeld (67 Prozent, wenn Kinder da sind) ausgezahlt - aber höchstens für 360 Tage.

Arbeitslosenhilfe ist eine Anschlussmaßnahme an Arbeitslosengeld. Wer nach einem Jahr Arbeitslosigkeit noch keinen neuen Job gefunden hat, bekommt vom dem letzten Nettogehalt 53 Prozent ausgezahlt (wer Kinder hat erhält 57 Prozent). Die Unterstützung wird für ein Jahr bewilligt und dann neu überprüft. Gilt jemand als unvermittelbar, erhält er Soziahilfe.

Arm in Berlin

Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist in Berlin kontinuierlich gestiegen: auf 275 000 im Jahr 1999. Die wichtigste Ursache für Sozialhilfebedürftigkeit ist Arbeitslosigkeit, gibt Berlins Sozialsenatorin Gabriele Schöttler (SPD) an. Im Oktober waren rund 254 000 Berliner ohne Arbeit.

Arm sind auch jene, die zwar einen Anspruch auf Sozialhilfe hätten, zumindest auf Zuschüsse, ihn aber nicht wahrnehmen. Auf 100 Sozialhilfeempfänger kommen 110 weitere Berliner, die zu viel Scham empfinden oder zu wenig über ihre Rechte wissen, um zum Sozialamt zu gehen, hat Professor Peter Grottian von der Freien Universität herausgefunden. Das nennt der Politologe "verdeckte Armut".

Wohnunglos sind in Berlin rund 6000 Menschen, sagt Klaus-Peter Florian von der Senatsverwaltung für Soziales. Dunkelziffer: 2000 bis 4000 Obdachlose.

rcf

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