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Berlin: Arzt wegen Kunstfehlers vor Gericht Patientin starb nach einer Zwerchfell-Operation

Als Gerda F. nach ihrer Operation aus der Narkose erwachte, ging es ihr soweit gut.

Als Gerda F. nach ihrer Operation aus der Narkose erwachte, ging es ihr soweit gut. Drei Tage später starb sie an Herzversagen. Sie war mit einem komplizierten Zwerchfellbruch in die Klinik gekommen, wo Eckhard B. (65), der auf dem Gebiet der Schlüssellochchirurgie als renommierter Fachmann galt, sie operierte. Der Chirurg hatte während der Operation eine Kunststoffmanschette um das Zwerchfell gelegt, die er mit Titanklammern im Bauchraum der Kranken festtackerte – nur wenige Millimeter vom Herzen entfernt. Eine dieser Klammern heftete am Herzbeutel. Sie schloss sich nicht, so dass einer ihrer beiden Schenkel wie ein winziger Dorn an der Herzkammer rieb und schließlich ein Blutgefäß zerstörte. Gerda F.’s Herz hatte keinen Platz mehr, um zu schlagen.

Starb die Frau durch einen Kunstfehler des Arztes? Diese Frage versucht das Amtsgericht Tiergarten seit dem gestrigen Dienstag zu klären. Eckhard B. ist angeklagt, die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung vor. Der Fall ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen kommt es nach Angaben der Staatsanwaltschaft nur selten vor, dass ein Mediziner sich wegen eines Kunstfehlers vor Gericht verantworten muss. Zum anderen: Gerda F. ist schon seit fünf Jahren tot, sie starb am 1. Mai 2000. Dass das Verfahren erst jetzt eröffnet wurde, liegt daran, dass insgesamt sechs medizinische und technische Gutachter Expertisen abgegeben haben. Und diese sich in ihrer Aussage zum Teil widersprechen. Der Fall ist kompliziert, der erste Verhandlungstag erinnert über weite Strecken an eine medizinische Fachtagung.

Die Verteidigung vertritt die Ansicht, dass ein Materialfehler der Grund war, weshalb die Klammer nicht schloss. Schuld sei der Hersteller. Da die Klammergeräte nach einmaligem Gebrauch entsorgt werden, lässt sich das nicht mehr nachweisen. Den Staatsanwalt treibt dagegen die Frage um, ob der Arzt überhaupt so nah am Herzen hätte klammern dürfen, statt zu nähen – im Wissen um das Risiko. In diesem Punkt vertreten die Gutachter unterschiedliche Ansichten. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. mne

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