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Orientierungshilfe. Eine Sprachmittlerin hilft am Donnerstag in der Registrierungsstelle für Flüchtlinge einer Familie aus Syrien beim Weiterkommen.

© dpa

Asylanträge in Berlin: So funktioniert die Flüchtlingsbürokratie

Im Lageso an der Bundesallee werden die Flüchtlinge von einer Behörde zur nächsten geleitet. Und so sieht der Ablauf aus.

Von Fatina Keilani

Die deutsche Bürokratie findet langsam zu ihrer berühmt-berüchtigten Perfektion zurück. Donnerstagmorgen, 8.30 Uhr, Bundesallee 171: Die ersten Flüchtlinge warten in der früheren Bankschalterhalle auf Sitzbänken aus dem unfertigen BER-Terminal. Jeder wird nach seinem Eintreffen durch eine Art Fabrikstraße geschleust. Er passiert Lageso, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Ausländerbehörde – und im Idealfall die Arbeitsagentur. Wer Glück hat, erhält am selben Tage seinen Bescheid, der ihn als asylberechtigt ausweist. Das gelingt vielleicht 20 Personen täglich. Rund 380 Menschen werden pro Tag bearbeitet, 1.000 sollen es werden.

Vorne geht es los. „Man kommt rein, als Erstes werden Fotos gemacht für die Erstregistrierung und die BVG-Karte“, schildert Projektleiter Henrik Becker den Ablauf. Dann bekomme der Antragsteller einen Laufzettel, den er abarbeite. Wer nicht lesen kann, den leitet ein Farbsystem. Ist seine Nummer aufgerufen, begibt sich der Antragsteller ins nächste Stockwerk , wo er nach Erstellung der Büma (Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender) auf die Entscheidung wartet, ob er in Berlin bleiben darf oder im Rahmen des Königsteiner Schlüssels weiterverteilt wird.

Darf er bleiben, bekommt er das Starterpack

Während er wartet, und zwar im Wartebereich II, serviert Vivantes um 12.30 Uhr ein Mittagessen, für Mitarbeiter und Antragsteller gleichermaßen. Nach rund einer guten Stunde erfährt der Antragsteller, wie es weitergeht. Darf er bleiben, bekommt er das Starterpack: Krankenschein, BVG-Karte und den Termin beim Bamf. Anderenfalls einen Fahrschein für die Weiterreise. Das Bamf sitzt wenige Türen weiter.

Seit Donnerstag sind 26 Soldaten des Wachbataillons zur Verstärkung da. Bestimmte Diensthandlungen dürfen sie aus rechtlichen Gründen nicht vornehmen, andere aber wohl, etwa die „Easy“-Abfragen. Easy steht für Erstverteilung der Asylbegehrenden. So ruckelt sich hier nach den Chaos-Wochen am Lageso-Hauptsitz in der Turmstraße so etwas wie ein geregelter Ablauf zurecht. Nach deutschen Maßstäben natürlich: „Die Mitarbeiter haben ergonomische Arbeitsplätze“, schildert Projektleiter Becker. In der Schalterhalle entstehen derzeit eine Spielfläche für Kinder, ein medizinischer Bereich, für den aber noch ein „arztraumgerechter Fußbodenbelag“ her muss, sowie Still- und Ruheräume.

„Es sind immer Sprachmittler dabei“, erklärte Lageso-Chef Franz Allert bei dem Rundgang. Rund 200 Sprachmittler gebe es, keine vereidigten Dolmetscher, sondern Honorarkräfte. Etwa 60 bis 70 ausgebildete Mitarbeiter arbeiten am Standort, mindestens doppelt so viele müssten es werden, sagt Allert. Immerhin gebe es auch Hilfskräfte, darunter die Soldaten.

Wer ganz großes Glück hat, landet am Schluss bei der Arbeitsvermittlerin

Die 3.500 Altfälle mit Nummern vom Lageso in der Turmstraße seien mittlerweile abgearbeitet. Insgesamt sind laut Allert derzeit noch 15 000 Flüchtlinge nicht registriert. Sie werden jetzt nach und nach aus den Unterkünften mit Bussen zur Bundesallee gebracht. Die Maschine springt jetzt langsam an. Entlang der Flure im Hochhaus füllen sich die Büros, es stehen überall schon Monitore und Schreibtische. Parallel wird gemalert und gebaut.

Wer ganz großes Glück hat, landet am Schluss bei Ines Harbauer. Sie ist Arbeitsvermittlerin; zu ihr kommt nur, wer gute Aussichten hat, bleiben zu dürfen. „Motiviert sind sie alle“, sagt Harbauer. Vielen sei aber nicht klar, dass man bei uns Zertifikate brauche, um nachzuweisen, was man kann. Da es derzeit viele Sprachkurse gebe, vermittle sie so oft wie möglich dorthin. Mit vielen Antragstellern kann sie sich auf Englisch verständigen; sonst ist auch hier immer ein Sprachmittler dabei.

10.30 Uhr. Die Halle des Flachbaus füllt sich weiter. In ihr brummen große silberne Kästen: Ionenaustauscher. Damit man die vielen Menschen nicht riecht. Denn es mangelt in vielen Unterkünften an Duschen. Mittags leert sich die Halle langsam, und die Bauarbeiter kommen.

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