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Das Abgeordnetenhaus richtet sich mit einer gemeinsamen Resolution aller Fraktionen gegen rechte Hetzer vor Asylheimen.

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Asyldebatte in Berlin erreicht Abgeordnetenhaus: Flucht nach vorn

Das Berliner Parlament hat in einer gemeinsamen Resolution beschlossen, "schutzbedürftigen Menschen" die "notwendige Unterstützung" zu geben und verurteilt rechte Hetzer. Nur wer schutzbedürftig und was notwendig ist, darin waren sich die Abgeordneten uneinig.

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Drei Schritte vor, zwei Schritte zur Seite. Mitten im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses läuft Fabio Reinhardt (Piraten) ein Rechteck ab. Sechs Quadratmeter. So viel Mindestwohnraum gesteht der Senat Asylsuchenden derzeit in Berlin zu. „Eine Willkommenskultur sieht anders aus“, sagt Reinhardt – und Udo Wolf (Linke) ergänzt, damit würden „sogar Standards für Hundezwinger unterschritten“. Nach der Sommerpause hat die Flüchtlingsdebatte, die sich am Asylbewerberheim in Hellersdorf und dem Camp am Oranienplatz entzündet hatte, nun das Abgeordnetenhaus erreicht.

Alle Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus bekennen sich zum Recht auf Asyl

Dabei hatten die Fraktionen eigentlich ein Signal der Geschlossenheit senden wollen. Ebenso wie die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Marzahn-Hellersdorf, beschloss auch das Abgeordnetenhaus am Donnerstag per Dringlichkeitsantrag eine gemeinsame Resolution aller Fraktionen: „Gemeinsam wird Berlin seiner Verantwortung gerecht: Recht auf Asyl und Schutz vor Verfolgung und Krieg.“ Darin heißt es unter anderem, es sei ein „Gebot der Menschlichkeit, schutzbedürftigen Menschen die nötige Unterstützung zu geben“. Nur wer schutzbedürftig und was nötig ist, darin waren sich die Abgeordneten nicht einig.

Fabio Reinhardt (Piraten) schreitet im Parlament die sechs Quadratmeter Mindestwohnfläche ab, die Asylsuchenden in Berlin zur Verfügung stehen.
Fabio Reinhardt (Piraten) schreitet im Parlament die sechs Quadratmeter Mindestwohnfläche ab, die Asylsuchenden in Berlin zur Verfügung stehen.

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Innensenator Frank Henkel (CDU) wies in der Fragestunde darauf hin, dass Abschiebungen nach Syrien für weitere sechs Monate ausgesetzt würden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Syrien würden in Berlin in Einzelfällen „großzügige Prüfungen“ veranlasst. Berlin wolle 200 Flüchtlinge aufnehmen. Nach dem Königsteiner Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge auf das Bundesgebiet muss die Stadt ohnehin 250 Syrer aus dem Bundeskontingent aufnehmen. Die Bundesregierung hatte angekündigt, 5000 schutzbedürftige Menschen aus dem im Bürgerkrieg befindlichen und kurz vor einer militärischen Eskalation stehenden Land aufzunehmen. Man befinde sich mit dem Bund „in Abstimmung“, so Henkel. Er betonte, dass die Polizei weiter in Hellersdorf präsent sein werde, um die Sicherheit der Asylsuchenden zu gewährleisten. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) sagte, es sei unverantwortlich, den Eindruck zu vermitteln, dass es Stadtteile gibt, die gefährlich für Flüchtlinge sind. Die Polizei gewähre vielmehr Sicherheit an allen 30 Standorten.

Die meisten Flüchtlinge in Berlin leben in eigenen Wohnungen

Seltene Einigkeit herrschte bei allen Fraktionen darüber, dass eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen Massenunterkünften vorzuziehen sei. Das sei in Berlin aber schon längst „Normalität“, sagte Czaja. Stand Ende April gebe es in Berlin 14 500 Asylsuchende, von denen 8800 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und in eigenen Wohnungen leben. 5700 lebten in Aufnahmeeinrichtungen oder Sammelunterkünften – „obwohl der Wohnungsmarkt sehr angespannt ist“, so Czaja.

Reinhardt, der nach seiner kurzen Demonstration wieder zum Rednerpult zurückgekehrt ist, wirft dem Senat Versagen vor. Der steigende Zahl der Asylsuchenden sei erwartbar gewesen, Anträge der Opposition seien ignoriert worden. Wie Grüne und Linke fordert seine Fraktion eine personelle Aufstockung des Landesamtes für Gesundheit und Soziales. Im Haushaltsentwurf des Senats ist die schon festgeschrieben. Nur geringer als gefordert.

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