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Abschiedsbriefe liegen am Tatort am Alexanderplatz.

© dapd

Update

Attacke auf Jonny K.: Mutmaßlicher Haupttäter wird nicht ausgeliefert - Türkische Justiz ermittelt

Sechs Monate nach der tödlichen Prügelattacke auf Jonny K. am Alexanderplatz ermittelt die türkische Justiz gegen den Hauptverdächtigen Onur U.. Er soll nicht nach Deutschland ausgeliefert werden. Der Opferbeauftragte Berlins hofft allerdings, dass Onur U. sich nun doch noch stellt.

Knapp ein halbes Jahr nach der tödlichen Prügelattacke am Berliner Alexanderplatz ist nun klar, dass der Hauptverdächtige Onur U. nicht nach Deutschland ausgeliefert wird. Dies teilte die Berliner Justizverwaltung am Donnerstag mit. Zuletzt war unklar, ob Onur U. neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Nun steht aber nach monatelangem Tauziehen laut Justizverwaltung fest, dass er diese seit 1998 wieder innehat.

Damit scheidet eine Auslieferung aus der Türkei nach Deutschland aus. Auch eine Auslieferung aus Deutschland ist rechtlich ausgeschlossen. Nach Angaben der Justizverwaltung werden der Türkei aufgrund des gestellten Rechtshilfeersuchens der Oberstaatsanwaltschaft Sivas aber beglaubigte Kopien aus den Akten der Staatsanwaltschaft Berlin übermittelt werden. Dadurch wird künftig neben der Berliner Justiz auch die Türkei in der Lage sein, strafrechtlich gegen U. vorzugehen.

Nach wie vor ermittelt die türkische Justiz nämlich gegen den mutmaßlichen Schläger. Der 18-Jährige war in die Türkei geflüchtet. Die dortigen Behörden haben ihn noch nicht gefasst. Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sagte laut Mitteilung: „Dass die Türkei nun ein eigenes Strafverfahren startet, begrüße ich sehr. Unsere intensiven Bemühungen haben nun endlich ein erstes Ergebnis gebracht. Schreckliche Taten wie die am Alexanderplatz dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben.“ Weiter hoffe Heilmann, dass Onur U. bald gefasst werde. Nach Tagesspiegel-Informationen ist den türkischen Behörden bekannt, wo Onur U. sich in der Türkei aufhält. Die Staatsanwaltschaft in Sivas wollte sich gestern aus Datenschutzgründen nicht weiter zum Fall äußern.

Tina K., die Schwester des Opfers, reagierte verärgert auf die Nachricht: „Ich weiß nicht, was er sich erhofft oder wünscht. Aber es war ja klar, dass der Feigling sich weiter versteckt.“, sagte sie. Sie habe bis zuletzt gehofft, dass sie bei der Gerichtsverhandlung Mitte Mai allen mutmaßlichen Tätern „in die Augen sehen“ könne. „Ihm scheint überhaupt nicht bewusst zu sein, dass er meinen Bruder getötet hat“, sagte sie. Dass er nun mit seinem Versteckspiel versuche, besser dazustehen, sei „das allerletzte“.

Der Opferbeauftragte Berlins, Roland Weber, der sich insbesondere auch um Tina K. kümmert und sie bei der Führung ihres Gedenkvereins „I am Jonny“ berät, hält es allerdings für wahrscheinlich, dass Onur U. sich nun doch noch stellt. „Der Druck der türkischen Behörden könnte dazu führen, dass er doch noch freiwillig nach Deutschland reist“, sagte Weber. Würde er in der Türkei verurteilt, drohten ihm härtere Strafen und schlechtere Haftbedingungen, meint Weber, der selbst Anwalt ist und auch selbst schon Mandanten mit doppelter Staatsbürgerschaft vertreten hat.

Diese Prominenten unterstützen den Verein "I am Jonny"

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Inzwischen wächst die Unterstützung für den von Tina K. gegründeten Opferverein „I am Jonny“. In einem am Mittwoch veröffentlichten Video fordern verschiedene Prominente aus Sport- und Unterhaltungsbranche ein Ende der Gewalt. Zu den Unterstützern zählen etwa Max Herre, Holger Badstuber, Jürgen Vogel und Anja Kling. Für Sonntag ist mit den Seeed Vocalists und der Blue Man Group ein großes Solidaritätskonzert im Admiralspalast geplant, dessen Erlöse ebenfalls dem Verein zugute kommen sollen

Gegen die fünf weiteren Tatverdächtigen ist in Berlin Anklage erhoben worden. Der Prozess gegen sie beginnt voraussichtlich im Mai.

Der 20-jährige Jonny K. war im Oktober 2012 nahe dem Alexanderplatz nach bisherigen Erkenntnissen ohne Anlass so heftig attackiert worden, dass er wenig später an Gehirnblutungen starb. Fünf weitere Verdächtige hatten sich der deutschen Justiz gestellt, vier von ihnen sitzen in Untersuchungshaft.

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