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Berlin: „Auch der Öffentliche Dienst ist gefordert“

Dieter Vesper über den Berliner Haushaltsnotstand und die Abwehr der Gewerkschaften

Auf der Suche nach Wegen, den Berliner Haushalt zu konsolidieren, stehen immer wieder die Personalausgaben auf dem Prüfstand. Es ist kein Geheimnis, dass in der Berliner Verwaltung weit mehr Beamte, Angestellte und Arbeiter tätig sind als anderswo. Gemessen an Hamburg wäre die Zahl der Beschäftigten um bis zu 20 000 zu verringern – und dies, obwohl in den vergangenen Jahren die Zahl der Stellen in Berlin kräftig abgebaut wurde. Immerhin hat sich das Niveau der Personalausgaben seit 1993 kaum mehr erhöht, obwohl jährlich Tarifanhebungen beziehungsweise Besoldungsanpassungen zu verkraften waren.

Sehr ehrgeizig ist das Ziel des Senats, die Personalausgaben im kommenden Jahr im Wege eines „Solidarpaktes“ um 250 Millionen Euro und danach um 500 Millionen Euro zu senken. In den Verhandlungen geht es vor allem darum, die Arbeitnehmer in der Berliner Verwaltung zu einem Einkommensverzicht zu bewegen, sei es durch ein geringeres Urlaubs und Weihnachtsgeld, sei es durch niedrigere Tarifanhebungen.

Ehrgeizig und – zumindest kurzfristig – eher unrealistisch ist dieses Ziel des Senats deshalb, weil Verdi und Beamtenbund zunächst am längeren Hebel sitzen und auf die Gültigkeit der Flächentarifverträge bzw. des Beamtenrechts pochen. Weihnachts- und Urlaubsgeld sind Bestandteil der bundesweit geltenden Tarifvereinbarungen. Nicht nur die Beamten, auch Angestellte im Öffentlichen Dienst sind, wenn über 40 Jahre alt und über 15 Jahre im öffentlichen Dienst tätig, nur in Ausnahmefällen kündbar. Als (Teil-)Ausgleich für dieses geringe Arbeitsplatzrisiko sind im Übrigen die geringeren Tarifanpassungen im Öffentlichen Dienst in der Vergangenheit zu sehen. Für Verdi und den Beamtenbund besteht insofern kein Anreiz, den Flächentarifvertrag und das Besoldungsrecht aufzuweichen. Und dem Land bleibt letztlich nur die Möglichkeit, via Bundesrat zu versuchen, das Beamtenrecht zu ändern und auf die bundesweiten Tarifverhandlungen entsprechend Einfluss zu nehmen.

Dessen ungeachtet wird (und muss) der Senat alle Möglichkeiten nutzen, das vor allem altersbedingte Fluktuationspotenzial auszuschöpfen. Dabei handelt es sich überschlägig um 3500 Stellen, die jährlich abgebaut werden können. Rein rechnerisch belaufen sich die Einsparungen hieraus auf maximal 150 Millionen Euro; wenn man berücksichtigt, dass die Beamtenpensionen aus dem Landeshaushalt bezahlt werden müssen, schmilzt dieser Betrag auf unter 100 Millionen Euro. Zugleich darf nicht vergessen werden, dass in bestimmten Bereichen, zum Beispiel den Schulen, Korridore für Neueinstellungen geschaffen werden müssen, um der „Vergreisung“ des Personals entgegenzuwirken.

Allerdings können die Beschäftigten im Landesdienst nicht die Augen davor verschließen, dass sich der Berliner Haushalt in einer Notlage befindet und weitere Einsparungen notwendig sind. Sie sind schon deshalb notwendig, weil der Bund nur dann zur Hilfe kommt, wenn das Land hinreichende Eigenanstrengungen vorweisen kann. Auch der Öffentliche Dienst ist hier gefordert. Also muss weiter verhandelt werden. Ohne zusätzliche Anreize von Seiten des Senats wird man aber keine Erfolge erzielen. Beispielsweise könnte das Instrument der Frühpensionierungen verstärkt eingesetzt werden. Und auch die Möglichkeit der Altersteilzeit könnte offensiver genutzt werden. Letztlich macht es wenig Sinn, die Arbeitszeit zu verlängern, wenn grosso modo Arbeitskräfte überzählig sind. Doch gilt ebenso: Je weniger der Öffentliche Dienst einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leistet, um so stärker muss an anderer Stelle gespart werden – zu Lasten aller Bürger .

Dieter Vesper ist Finanz- und Haushaltsexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.

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