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Berlin: Auf allen Vieren durch den Geheimgang

Spannende Entdeckertouren zu verborgenen Schlössern, Jagdhäusern und Bunkern.

Erfahrene Entdecker in Wald und Flur zögern auf die Frage nach der besten Jahreszeit nicht lange. „Natürlich immer zwischen dem Ende des Laubfalls und dem ersten Frühlingsgrün“, sagen nicht nur Naturfreunde. Auch wer verborgene, geheime Orte sucht, bevorzugt für Touren die blattlosen Monate. Schließlich sind die mehr oder minder großen Bauten inmitten der Schorfheide ohne die grünen Laubbäume nicht mehr natürlich getarnt. An Zielen für solche Entdeckerausflüge voller Geschichte und Geschichten mangelt es gerade in der Schorfheide nicht.

Dazu gehört das Jagdschloss Hubertusstock. 1972 war der ursprüngliche Bau abgerissen und nach historischem Vorbild als Gästehaus der DDR-Spitze neu gebaut worden. Hier traf sich Erich Honecker mit bundesdeutschen Politikergrößen wie Schmidt, Strauß oder Lafontaine, wovon Fotos im Foyer zeugen. Um die Gäste im Falle eines feindlichen Angriffs schnell in Sicherheit zu bringen, war sogar ein langer Geheimgang von der Kellerbar ins Freie gegraben worden. Ohne viele Blätter an den Bäumen findet man den Ausgang des bis heute begehbaren Tunnels viel leichter im nahen Wald. Im vergangenen Herbst probierten einige Tagesspiegel-Leser nach einer Lesung auf Hubertusstock den Gang selbst aus. Gespannt kletterten sie in den Tunnel, krabbelten auf allen Vieren – und machten sich nach kurzer Zeit mit Klopfen am Ausgang bemerkbar.

Eine besondere Geschichte weist auch das unweit von Hubertusstock gelegene Café Wildau auf. Das einstige Anwesen eines Zementfabrikanten, das zu Kaisers Zeiten als Gästehaus diente und zu DDR-Zeiten zur Ruine verkommen war, verschwand 1981 fast über Nacht von der Bildfläche. Denn unter allen Umständen sollten Aufnahmen von Bundeskanzler Helmut Schmidt und seinem Gefolge vor dem Schandfleck verhindert werden. Überstürzt schoben Planierraupen die Mauerreste in den Werbellinsee. Beim Neubau des heutigen Hotels und Restaurants fanden die Eigentümer im Wasser noch Utensilien vom Vorgängerhaus, die als Schatz aufbewahrt werden.

Versteckt und inmitten eines Sperrgebiets ließ sich Erich Honecker sein Jagdhaus „Wildfang“ bauen. Wie Inventarlisten zeigen, befanden sich dort nur wenige Gegenstände aus der DDR. Höchsten Komfort sicherten Westwaren. Heute steht das Fachwerkhaus leer. Man sieht es auf einem verschlungenen Waldweg nahe des Ortes Sarnow durch die Bäume schimmern.

Keinen besonderen Spürsinn braucht man, um das gut ausgeschilderte Hotel Döllnsee an der verlängerten B 109 zu finden. Nicht nur das Haus steckt voller Geschichte, sondern auch die Umgebung. Erbaut für den Leibjäger Hermann Görings, diente das heutige Wellnesszentrum bis 1990 Staatsfunktionären als komfortable Unterkunft. Drumherum stößt der Wanderer noch auf Keller, Bunkereingänge und eine Torhaus-Allee. Diese gehörten zur Residenz „Carinhall“ von Göring, die er am Kriegsende sprengen ließ.Ste.

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