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Berlin: Auf dem alten Flugplatz in Johannisthal kann jeder den Ball schlagen

Sie stehen nebeneinander und schwingen schon seit fünf Minuten ihre Schläger: Hin und her und dann wieder im Kreis. Die Bewegungen werden immer schneller, und es sieht so aus, als wenn die beiden jungen Männer jeden Moment ihre "Golfeisen" fallen ließen.

Sie stehen nebeneinander und schwingen schon seit fünf Minuten ihre Schläger: Hin und her und dann wieder im Kreis. Die Bewegungen werden immer schneller, und es sieht so aus, als wenn die beiden jungen Männer jeden Moment ihre "Golfeisen" fallen ließen. Aber das täuscht und gehört zur Erwärmung dazu. Doch dann nimmt der jüngere von beiden eine andere Haltung ein. Er dreht sich ein wenig, lässt seine Schultern nach vorn gleiten, beugt die Knie leicht ein und hält den Schläger locker in der Hand. Nun geht alles blitzschnell. Der weiße Ball bekommt einen Schlag versetzt und fliegt etwa 100 Meter über die riesige Fläche. Und bevor Friedrich Wengler, der 14-Jährige Treptower, zur ersten Bahn geht, schickt er noch einige weiße Kugeln hinterher. Seit zwei Jahren trainiert der Gymnasiast auf dem rund sechs Hektar großen Gelände nahe der Rudower Chaussee.

So oft es seine Zeit erlaubt, kommt er hierher. Doch er spielt nicht nur Golf auf dem ehemaligen Flugplatz Johannisthal. Wengler betätigt sich auch als Greenkeeper und Ballholer. Neben dem Spaß, den er dabei hat, macht er das, um kostenlos trainieren zu können. "Diesen Anreiz gewähren wir den jugendlichen Helfern", sagt der Vorstandsvorsitzende des Albatros e. V., Thomas Bergmann. Aber das ist gewiss nicht der einzige Unterschied zu den anderen Golfanlagen der Stadt.

Das Besondere an diesem Vier-Loch-Platz sind eigentlich die Sportler selbst. "Hier kann jeder trainieren, unabhängig vom Alter und vom Geldbeutel", betont Bergmann. Auf dem Adlershofer Gelände befindet sich der einzige nicht clubgebundene Golfübungsplatz Berlins. Bergmann, der bis 1990 auf anderen Anlagen als Manager tätig war, hatte die Idee für das außergewöhnliche Projekt. Er entwickelte ein Konzept nach dem Motto: "Pay as you play" und spricht damit offensichtlich viele Freizeitsportler an. "Zu uns kann jeder ohne Voranmeldung und Vorkenntnisse kommen", erklärt der Vereinschef. Auch eine Kleiderordnung existiert nicht, und die Schläger gibt es leihweise.

Mehr als 1000 Besucher nutzen jährlich das Angebot. Zu den Stammkunden gehören rund 250 Golfer. "Das sind Leute aus allen Teilen Berlins und aus dem Umland", berichtet Bergmann. Dem 43-Jährigen stehen zwei erfahrene Golflehrer zur Seite, doch die etwa zweistündigen Einführungskurse gibter meistens selbst.

Der Golflehrer Jens Gunkel weiß aus Erfahrung, dass sich Frauen in dieser Disziplin oft besser anstellen. "Weil sie das Golfen einfach schneller als Schwingbewegung erfassen, ohne viel Muskelaufwand", sagt der Experte. Natürlich finden auf dem Gelände auch Wettkämpfe statt. So gab es unter anderem am 1. Mai ein Turnier über drei Runden. Als die Vereinsmitglieder vor drei Jahren den Platz auf dem zu DDR-Zeiten genutzten Militärgelände anlegten, wussten sie genau, dass es die Anlage dort nur befristet geben wird. Der Standort ist künftig für Bereiche der Humboldt-Universität vorgesehen, berichtet der Vorstandsvorsitzende. Er geht aber davon aus, dass noch mindestens fünf Jahre Golf gespielt werden kann. Und er hofft danach auf einen neuen Platz .Die Übungsanlage hat täglich ab 10 Uhr bis zur Dunkelheit geöffnet (Telefon 67012421). Wer die gesamte Anlage nutzen möchte, zahlt 15 Mark, am Wochenende und an Feiertagen 20 Mark.

Steffi Bey

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