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Berlin: Auf dem Weg der Ich-AG

Jetzt kommt Hartz – aber kommt er bis ins Arbeitsamt?

Eigentlich wollte Michael Wischnewski eine „Ich–AG“ gründen. Jetzt aber ist er im Arbeitsamt Pankow, um sich arbeitslos zu melden, ganz gewöhnlich. Die Sache mit der Ich-AG wird er vielleicht etwas später nochmal angehen, das Arbeitsamt wird es ihm danken, denn hier ist man auf die neuen Arbeitsmarktkonzepte noch nicht so recht vorbereitet.

Die Ich-AG: das ist eine der Ideen, die von der Hartz-Kommission erdacht und von der Bundesregierung beschlossen wurden, um die Vermittlung von Arbeitslosen zu verbessern, Leiharbeit zu ermöglichen. Kleinstunternehmen sollen gefördert werden, und weil es so schön aktiv klingt, heißen sie Ich-AG’s. In diesem Jahr, also jetzt sofort, geht’s los. Eigentlich.

Beim Arbeitsamt Pankow werden Leute, die Ich-AG werden wollen, derzeit abgewimmelt. Die Berater sind von den Neuerungen überfordert. „Kommen Sie am besten im Februar wieder oder gucken Sie im Internet auf der Seite des Arbeitsamtes“, bekam ein Interessent zu hören.

„Die Berater haben noch keine Unterlagen und können deshalb noch nichts Detailliertes sagen“, heißt es beim Kundenservice für Hochschul- und Fachhochschulberufe.

„Alles Neue braucht seine Anlaufzeit“, sagt Klaus Pohl, Sprecher des Landesarbeitsamts Berlin. „Das sind die Umbrüche. Die Weisungen zum Verfahren wurden erst heute veröffentlicht.“

Allerdings hält sich auch das Interesse der Kunden, also die Arbeitslosen, noch in Grenzen. „Bis jetzt hat bei uns noch niemand nach Ich-AG oder Personalservice-Agenturen gefragt“, sagt eine Sprecherin des Arbeitsamtes Berlin Ost. Im Arbeitsamt Mitte heißt es: „Bei uns ist der große Run bisher ausgeblieben.“

Erste Zahlen konnte nur das Arbeitsamt Süd-West vermelden: „Bisher sind zehn Anträge zur Ich-AG gestellt worden. Die Leute erkundigen sich zwar schon, aber besonders viele Anträge werden nicht gestellt“, sagt Kundenbereichsleiter Stefan Dirkes.

Viele Hartz-Interessenten mussten aber auch in Pankow nicht vertröstet werden: „Sie sind die Erste, die mich heute nach der Ich-AG fragt“, sagt Frau Schuffenhauer vom Kundenservice. Um 13 Uhr ist das Arbeitsamt gut besucht, aus den üblichen Gründen. „Ich will mich arbeitslos melden“, sagt der Technische Informatiker Jan Dahl. „Vielleicht wird daraus mal eine Ich-AG. Ich habe mich aber bisher nur ganz grob informiert.“

Da war Michael Wischnewski schon weiter. Wochenlang hatte er an dem Konzept einer Info-Agentur gesessen, die aus einem Netzwerk von Ich-AGs bestehen soll. „Aber ich habe keinen gefunden, der das Risiko eingeht, sich selbstständig zu machen. Bei der geringen Förderung bleibt kaum etwas zum Leben übrig“, sagt der ehemalige Bauingenieur. So meldet er sich also arbeitslos. Ganz gewöhnlich.

Viola Volland

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