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Berlin: Auf der Jagd nach dem Komplizen

Die Polizei setzt darauf, dass der Bus-Entführer plaudert – er hat schon einmal jemanden verpfiffen. Doch zunächst war der Täter nicht ansprechbar

Wenn er aufwacht, wird er plaudern. Das hofft die Polizei. Denn Dieter Wurm hat schon einmal einen Komplizen verpfiffen. Gestern konnten die Ermittler den 46-Jährigen, der am Freitag vier Stunden lang einen BVG-Bus in seiner Gewalt hatte, noch nicht vernehmen. „Er ist nicht ansprechbar“, hieß es. Die Ärzte hatten ihn am Freitagabend an der Schulter operiert. Ein SEK-Beamter hatte ihn mit zwei Schüssen getroffen. Der zunächst festgenommene mutmaßliche Komplize des Bankraubes an der Schloßstraße wurde wieder freigelassen. „Kein Tatverdacht mehr“, sagte ein Ermittler. Jetzt werde geprüft, ob Wurm für weitere Taten in Betracht kommt. Im Juni 2000 war er aus der Haft entlassen worden. Wie es bei der Kripo hieß, soll Wurm in Geldnot gewesen sein.

Der in der Kriminellenszene als „Skorpion“ bekannte Räuber war früher einmal von einem von ihm verpfiffenen Komplizen bedroht worden. Deshalb war Dieter Wurm aus Sicherheitsgründen von Tegel nach Moabit verlegt worden, wo normalerweise nur Untersuchungshäftlinge sitzen – auch damals hatte Wurm übrigens eine Bank an der Steglitzer Schloßstraße überfallen.

Die Polizei korrigierte gestern die Zahl der Geiseln. Zu Beginn der Entführung seien sechs Fahrgäste an Bord des 185ers gewesen. Um weniger Menschen in Schach halten zu müssen, hatte Wurm am Hüttenweg, auf dem Kaiserdamm, kurz vor dem Ernst-Reuter-Platz und am S-Bahnhof Tiergarten drei Frauen und einen Mann freigelassen. Dass die Zahl von 20 Geiseln genannt wurde, sei wohl dem zu Beginn der Entführung herrschenden „Chaos“ geschuldet, hieß es. Wichtiger als freigelassene Geiseln zu zählen, sei die Identifizierung des Täter gewesen.

Drei Mosaiksteinchen brachten die die Ermittler schnell auf Dieter Wurm: Freimütig hatte er im Bus erzählt, er heiße Dieter und habe lange Jahre im Knast gesessen. „So kamen wir auf Dieter Wurm“, sagte Einsatzleiter Martin Textor gestern dem Tagesspiegel – die Beamten sprachen ihn dann auch mit seinem Namen an. Textor sagte, dass der Bus auf dem Sachsendamm gestoppt worden sei, weil dort wenig Passanten und Wohnhäuser sind, und auf den Flachdächern eines Möbelmarktes und der Sporthalle gegenüber Präzisionsschützen postiert werden konnten. Dort bremste das mobile Einsatzkommando den Doppeldecker aus. Und befreite die beiden letzten Geiseln.

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