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Berlin: Auf der Suche nach dem entführten Vater KGB-Opfer soll nach 50 Jahren im Familiengrab Ruhe finden

Der Tag, an dem Alexander Truschnowitsch verschwand, war der 13. April 1954.

Der Tag, an dem Alexander Truschnowitsch verschwand, war der 13. April 1954. Sein Sohn Jaroslaw war schon ein alter Mann, als er Anfang der 90er Jahre erfuhr, was genau an diesem Tag geschehen war: dass sein Vater, ein führender Antikommunist, von KGB-Männern verschleppt, getötet und in einem Waldstück bei Frankfurt (Oder) verscharrt wurde. Dort liegen seine Gebeine wohl noch heute. Jaroslaw Truschnowitsch will sie ausgraben und im Familiengrab beisetzen lassen, aber die Behörden haben das abgelehnt: „vom Aufwand her nicht vertretbar“, lautete die Begründung.

Der 50. Todestag seines Vaters hat Jaroslaw Truschnowitsch nun ermutigt, sich noch einmal an die Öffentlichkeit zu wenden. Im Mauermuseum am Checkpoint Charlie erzählte er am Dienstag noch einmal die Geschichte seines Vaters, gemeinsam mit seiner Frau Ellen und Alexandra Hildebrandt, der Witwe des kürzlich verstorbenen Museumsgründers.

Der 1893 in Slowenien geborene Alexander Truschnowitsch kam 1950 über viele Umwege nach Berlin. Nach einem Studium in Österreich hatte er im Ersten Weltkrieg auf russischer Seite gekämpft, im Bürgerkrieg dann für die zaristische Armee. Nach der Rückkehr auf den Balkan kam er im Zweiten Weltkrieg mit seiner Familie nach Deutschland, von wo Truschnowitsch seinen Kampf gegen den Sowjet-Kommunismus fortsetzte, unter anderem als Vorsitzender des „Freiheitsbundes für DeutschRussische Freundschaft“ an der Seite von Rainer Hildebrandt.

Ein vermeintlicher Gesinnungsgenosse arrangierte 1954 Truschnowitschs Festnahme in seiner Wohnung in Halensee. Eine von vielleicht 600 Entführungen dieser Art, von denen viele bis heute ungeklärt blieben. Die Geheimpolizisten knebelten Truschnowitsch so brutal, dass er erstickte. Schon am nächsten Tag meldete die DDR-Nachrichtenagentur ADN, Truschnowitsch sei übergelaufen. Man wollte ihn also offenbar nicht nur ausschalten, sondern auch die Mitkämpfer demoralisieren. Auch die Familie erhielt gefälschte Briefe. „Unser erster Gedanke, als er nicht nach Hause kam, war damals: Er ist tot“, sagte sein Sohn gestern.

Der heute 82-Jährige erzählt mit langsamen und leisen Sätzen, wie ihm 1992 ein ehemaliger KGB-Mann vom Schicksal seines Vaters berichtete. Dass dessen Knochen noch immer in dem Waldstück liegen, bezeichnet er als „Schande“, ein Ausdruck, der dem zurückhaltenden Mann dann aber offenbar zu hart erscheint: „zumindest eine sehr unangenehme Sache“.

In den 90er Jahren stellte die Berliner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zu dem Fall ein. Und lehnte das Anliegen der Familie ab, nach Truschnowitschs Überresten zu suchen. Die infrage kommende Fläche von 100 mal 50 Metern erschien ihr zu groß, zumal die Knochen bei zwischenzeitlichen Forstarbeiten hätten entfernt worden sein können, so die Begründung.

Mit Alexandra Hildebrandt planen die Truschnowitschs die nächsten Schritte: vielleicht Unterschriften sammeln, Briefe an den Berliner Senat, die Potsdamer Regierung, die Staatsanwaltschaft. Damit der Vater noch einen Platz neben seiner Frau findet, die auf einem russischen Friedhof in Wiesbaden liegt. „Dort“, sagt Jaroslaw Truschnowitsch, „ist auch für mich schon ein Grab reserviert“.

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